Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Erweiterung der Dauer einer bewilligten Weiterbildungsmaßnahme zum Altenpfleger

 

Orientierungssatz

1. Nach § 81 Abs. 1 Nr. 3 SGB 3 können Arbeitnehmer bei befristeter Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn die Maßnahme für die Förderung zugelassen ist. Ist eine Verkürzung um mindestens ein Drittel der Ausbildungszeit aufgrund bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen ausgeschlossen, so ist die Förderung eines Maßnahmeteils von bis zu zwei Dritteln der Maßnahme nicht ausgeschlossen, wenn bereits zu Beginn der Maßnahme die Finanzierung für die gesamte Dauer der Maßnahme gesichert ist.

2. Abweichend von § 85 Abs. 2 S. 2 SGB 3 ist die Dauer einer Vollzeitmaßnahme der beruflichen Weiterbildung, welche bis zum 31. 12. 2010 beginnt, auch dann angemessen, wenn sie nach dem Alten- oder Krankenpflegegesetz nicht um ein Drittel verkürzt werden kann.

3. Die befristete Ausnahmeregelung zur Förderung der Weiterbildung im Pflegebereich findet nur auf seit Inkrafttreten der Vorschrift am 1. 2. 2009 neu beginnende Weiterbildungsmaßnahmen Anwendung. Ziel der befristeten Regelung war es, mehr auszubilden und umzuschulen, um den wachsenden Bedarf nach Fachkräften im Bereich Pflege mittel- und langfristig zu decken. Dieser Zweck wurde mit der zusätzlichen Förderung des dritten Ausbildungsjahres bereits laufender Maßnahmen, deren Finanzierung von Anfang an sichergestellt war, nicht erreicht werden. Bei Übernahme der Finanzierung würden sich damit lediglich die dem zu fördernden zur Verfügung stehenden Mittel erhöhen.

4. Nach § 422 Abs. 1 SGB 3 bleibt bei Gesetzesänderungen für Leistungen der aktiven Arbeitsförderung das Recht maßgebend, welches zu dem Zeitpunkt gilt, in dem der Anspruch entstanden, die Leistung zuerkannt worden ist oder die Maßnahme begonnen hat. Hat der Leistungsträger von Anfang an deutlich gemacht, dass die Finanzierung des dritten Drittels nicht übernommen werden kann, so ist sie anderweitig sicherzustellen.

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 1. April 2011 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Förderung ihrer Weiterbildung zur Altenpflegerin  auch für das 3. Ausbildungsjahr.

Die 1976 geborene Klägerin übte bis zum 17. Januar 2006 eine Beschäftigung als Gesundheits- und Krankenpflegeschülerin aus. Zum 18. Januar 2006 meldete sie sich arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld (Alg) von der Beklagten.

Auf ihren Antrag bewilligte ihr die Beklagte einen Bildungsgutschein vom 4. September 2006 mit dem Bildungsziel “Altenpflegerin„. Darin erklärte sich die Beklagte zur Übernahme der Lehrgangskosten für bis zu 24 Monate einschließlich eines notwendigen Betriebspraktikums bereit. Bedingung für die Förderung sei, dass die Finanzierung des dritten Drittels der Ausbildung zu Beginn der Weiterbildungsmaßnahme sichergestellt und durch den Schulträger zu bestätigen sei.

Die Klägerin schloss daraufhin mit der G. Pflegeheim H. GmbH einen Vertrag über die praktische Ausbildung zur Altenpflegerin für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Juli 2009. Ausweislich des Vertrages erhielt die Klägerin in den ersten beiden Ausbildungsjahren wegen der Förderung der Umschulung durch die Beklagte keine Vergütung. Im dritten Ausbildungsjahr betrug die Vergütung 720,00 € brutto / Monat. Zudem schloss die Klägerin einen Schulausbildungsvertrag mit der I. J. aus K.. Hiernach betrugen die Kosten der Ausbildung monatlich 250,00 €. Die I. bestätigte der Beklagten in der vorgelegten Ausfertigung des Bildungsgutscheines, dass die Finanzierung des dritten Drittels der Maßnahme gesichert sei. Ergänzend teilte sie mit Schreiben vom 7. September 2006 mit, dass die Vergütung für das dritte Ausbildungsjahr über den fachpraktischen Ausbildungsvertrag geregelt sei. Im Ausbildungsvertrag sei das Schulgeld mit enthalten.

Mit Bewilligungsbescheid vom 22. September 2006 übernahm die Beklagte für die Zeit vom 5. September 2006 (tatsächliche Aufnahme der Weiterbildung durch die Klägerin) bis 31. Juli 2008 u. a. die Lehrgangskosten. Zudem bewilligte sie der Klägerin mit weiterem Bescheid von diesem Tag für die Zeit vom 5. September 2006 bis 31. Juli 2008 Alg bei beruflicher Weiterbildung.

Nachdem die Förderung durch die Beklagte beendet war, wandte sich die Klägerin am 29. September 2008 erneut an die Beklagte und beantragte die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für das dritte Ausbildungsjahr. Dies lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2008 ab.

Den ebenfalls gestellten Antrag auf Übernahme der Schulkosten in Höhe von 250,00 € monatlich für die Zeit von August 2008 bis Juli 2009 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2009 ab. Die Klägerin habe die Umschulung am 5. September 2006 begonnen und eine Förderung der beruflich...

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