Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. fremdwirtschaftliche Handlungstendenz. eigenwirtschaftliche Handlungstendenz. unternehmerähnliche Handlungstendenz. nichterforderliche Mithilfe bei der Behandlung einer zugelaufenen Katze beim Tierarzt: Festhalten des Tieres. Bissverletzung
Leitsatz (amtlich)
Eine Person, die sich entschlossen hat, eine ihr zugelaufene Katze gesund zu pflegen, steht bei der anschließenden Behandlung durch die Tierärztin nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie beim Festhalten des Tiers gebissen wird.
Tenor
Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 15. November 2007 werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten beider Rechtszüge; sie haben auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert des Klage- und des Berufungsverfahrens wird auf jeweils 69.569,10 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (AU).
Die Beigeladene suchte am 14. November 2001 mit einer verletzten und ihr zugelaufenen Katze die Tierärztin und Klägerin zu 2. auf, um das Tier behandeln zu lassen. Nach den Angaben der Beigeladenen forderte die Klägerin zu 2. sie zu Beginn der Behandlung auf, die Katze festzuhalten, damit ihr eine Narkosespritze verabreicht werden konnte. Das Tier biss dabei der Beigeladenen in die linke Hand, die infolgedessen eine Blutvergiftung erlitt.
Die Klägerin zu 1. lehnte als Haftpflichtversicherer der Klägerin zu 2. eine Regulierung der von der Beigeladenen aufgrund des Katzenbisses geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche unter Hinweis auf den Haftungsausschluss in § 104 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) ab. Bei dem Ereignis vom 14. November 2001 handele es sich um einen AU.
Die Beklagte als zuständiger Unfallversicherungsträger lehnte demgegenüber die Anerkennung des Ereignisses als AU ab. Die Beigeladene sei zum Unfallzeitpunkt als Tierhalter der ihr zugelaufenen Katze im eigenen Interesse tätig geworden, so dass ihre Mithilfe in der Tierarztpraxis der Klägerin zu 2. nicht im Rahmen einer Wie-Beschäftigung iS von § 2 Abs 2 SGB VII erfolgt sei (Bescheid vom 16. September 2002). Der hiergegen von der Beigeladenen und der Klägerin zu 2. eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24. April 2003).
Die Klägerinnen zu 1. und 2. haben am 26. Mai 2003 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Lüneburg erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beigeladene sei hier - wie sich aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 7. Juni 1990 (Az: 8 U 89/89) ergebe - als Tierhalterin im Interesse der Tierarztpraxis tätig geworden und als eine Wie-Beschäftigte einzustufen. Bei dem Ereignis vom 14. November 2001 handele es sich daher um einen AU.
Das SG hat mit Urteil vom 15. November 2007 die Klage abgewiesen. Die Beigeladene habe zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, weil sie bei der tierärztlichen Behandlung der ihr zugelaufenen Katze eine eigene Angelegenheit wahrgenommen habe. Immerhin führe sie selbst den Katzenbiss auf eine Nebenpflichtverletzung des tierärztlichen Behandlungsvertrags zurück. Im Übrigen sei das Festhalten des Tieres nur als eine unwesentliche Handreichung von geringer Bedeutung anzusehen, die nicht unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz falle. Es handele sich dabei um eine Hilfestellung, wie sie im Rahmen der Kundenbeziehung zu einem Dienstleister - beispielsweise bei der Anprobe von Kleidungsstücken bei einem Schneider - typisch sei.
Gegen dieses Urteil (zugestellt am 17. Dezember 2007) wenden sich die Klägerinnen zu 1. und 2. mit ihren Berufungen vom 17. Januar 2008. Im Wesentlichen machen sie geltend, die Beigeladene sei zum Unfallzeitpunkt auf Anweisung und damit fremdbestimmt wie eine angestellte Praxishelferin tätig geworden. Deutlich werde dies daran, dass das "richtige" Festhalten von Haustieren zwecks Einleitung einer tierärztlichen Behandlung entsprechende Fachkenntnisse erfordere. Zudem sei nicht erkennbar, dass die Beigeladene - wie zB ein Tierhalter - ein eigenes Interesse an der Wiederherstellung der Gesundheit der Katze gehabt habe. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei daher die Hilfestellung der Beigeladenen bei der tierärztliche Behandlung als eine Wie-Beschäftigung und der Biss des Tieres als ein AU anzusehen.
Die Klägerinnen beantragen,
1. das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 15. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. April 2003 aufzuheben,
2. festzustellen, dass der von der Beigeladenen am 14. November 2001 erlittene Katzenbiss Folge eines Arbeitsunfalls ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. ...