Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. ambulantes Operieren nach vorstationärer Behandlung. keine separate Abrechenbarkeit der Abklärungsuntersuchung. Vergütungspauschale. Wirtschaftlichkeitsgebot
Orientierungssatz
Findet sich im AOP-Vertrag keine spezielle Berechtigung zur separaten Abrechenbarkeit der Abklärungsuntersuchung, so ist die erbrachte Leistung - noch weitergehend - auch aus grundsätzlichen Erwägungen demjenigen Abrechnungsregime zuzuordnen, das im jeweiligen Behandlungsfall anzuwenden ist (vorliegend dem ambulanten Operieren). Dieser Grundsatz folgt aus dem allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot.
Normenkette
SGB V § 115a Abs. 3, § 115b Abs. 1, § 12 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 5. August 2011 wird aufgehoben.
Die Klage der Klägerin gegen die Beklagte wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 133,96 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Krankenhausvergütung für eine vorstationäre Behandlung.
Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses. Die Beklagte ist eine gesetzliche Krankenkasse, bei der die im Jahre 1947 geborene Frau J. (im Folgenden: Versicherte) gesetzlich krankenversichert war.
Unter dem 23. Dezember 2005 verordneten die Dres. K. als behandelnde Ärzte für die Versicherte Krankenhausbehandlung und gaben auf der Verordnung als Diagnose Kniebinnenschaden rechts, M 17.1, an. Noch am selben Tag, am 23. Dezember 2005, kam es zur vorstationären Aufnahme der Versicherten, anlässlich derer der im Hause der Klägerin in der orthopädischen Abteilung tätige Arzt Dr. L. feststellte, dass die Versorgung der Versicherten im Wege der ambulanten Operation ausreichend sei (Arztbrief vom 27. Dezember 2005). Die Versicherte verließ das Krankenhaus. Nach OP-Vorbereitung am 27. Dezember 2005 erfolgte die ambulante Operation des Knieschadens im Hause der Klägerin am 28. Dezember 2005. Die für die ambulante Operation von der Klägerin gestellte Rechnung wurde von der Beklagten beglichen und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Unter dem 6. Januar 2006 stellte die Klägerin der Beklagten die hier streitige weitere Rechnung in Höhe der fachabteilungsbezogenen Pauschale von 133,96 Euro und gab zur Begründung eine vorstationäre Behandlung in der Orthopädie an.
Den Rechnungsbetrag beglich die Beklagte zunächst, verrechnete ihn jedoch am 16. Juli 2008 mit weiteren, unstreitigen Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte.
Die Klägerin hat am 22. Dezember 2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und Zahlung der 133,96 Euro (nebst Zinsen) begehrt. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, streitig sei allein die Rechtsfrage, ob die Klägerin von der Beklagten neben der Vergütung für die ambulante Operation der Versicherten erbrachte vorstationäre Leistungen geltend machen könne. Dabei ergebe sich die Berechtigung der Abrechnung auch der vorstationären Leistung aus § 115a SGB V und sei auch nicht durch § 8 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) oder durch § 4 des Vertrages zu § 115b SGB V (AOP-Vertrag) ausgeschlossen:
Denn zum einen lägen die Voraussetzungen einer vorstationären Behandlung der Versicherten vor, da diese nach entsprechender ärztlicher Einweisung vorstationär im Hause der Klägerin behandelt und sodann zunächst wieder entlassen worden sei, bevor sich sodann die ambulante Operation angeschlossen habe. Zum Zweiten liege auch kein Ausschlusstatbestand vor. § 8 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 KHEntgG greife bereits deshalb nicht ein, weil nach dieser Norm eine separate Abrechnung der vorstationären Behandlung nur für den Fall ausgeschlossen sei, dass sich eine stationäre Behandlung anschließe und diese mittels Fallpauschale abgerechnet werde, die dann die vorstationäre Behandlung umfasse. Hiervon könne bei der vorliegend durchgeführten ambulanten Operation keine Rede sein. Ein Ausschluss erfolge auch nicht durch § 4 des AOP-Vertrages zu § 115b SGB V. Denn zwar sei hierin geregelt, dass das durchführende Krankenhaus bei einer AOP-Leistung die ggf. zusätzlich erforderlichen, auf das eigene Fachgebiet bezogenen diagnostischen Leistungen im Krankenhaus durchführen und abrechnen könne. Bei § 4, konkret Abs. 3 des AOP-Vertrages handele es sich jedoch nicht um eine Anspruchsgrundlage, sondern um eine bloße Empfehlung zur Rechtsauslegung bzw. Kommentierung durch die vertragschließenden Parteien des AOP-Vertrages.
Die Beklagte hat vor dem SG die Auffassung vertreten, dass die Regelungen des AOP-Vertrages sehr wohl rechtliche Bindungswirkung entfalteten und daher zu einem Anspruch bzw. zu einem Anspruchsausschluss führten. In § 7 Abs. 1 Satz 1 des AOP-Vertrages sei jedoch festgelegt, dass präoperative Leistungen im Sinne des § 4 des AOP-Vertrages mit der Vergütung der ambulanten Operation abgegolten seien. Vorliegend...