Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigungsklage wegen überlangen Gerichtsverfahrens. Nichteinzahlung des Gerichtskostenvorschusses. Fristsetzung. drei Monate. Fristablauf. Fiktion der Klagerücknahme
Orientierungssatz
Eine Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens gilt in entsprechender Anwendung des § 102 Abs 2 S 1 SGG als zurückgenommen, wenn der Kläger auch nach Setzung einer Frist von drei Monaten nicht den nach §§ 12a, 12 Abs 1 S 1 GKG erforderlichen Gerichtskostenvorschuss eingezahlt hat.
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Klage zu dem Aktenzeichen L 10 SF 22/12 EK KA mit dem 6. Mai 2013 als zurückgenommen gilt.
Dem Kläger werden auch die Kosten für die nach der Rücknahme der Klage liegenden Verfahrensteile auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens.
Der Kläger ist als Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie niedergelassen und zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen. Am 18. Oktober 2001 erhob er bei dem Sozialgericht Hannover Klage gegen einen Bescheid des Beschwerdeausschusses Niedersachsen zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung, mit dem dieser das Honorar des Klägers für das Quartal 3/97 wegen unwirtschaftlichen Mehrbedarfs um rund 50 v.H. gekürzt hatte. Das Sozialgericht führte das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 16 KA 775/01 und verurteilte den damaligen Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides zur Neubescheidung. Das sich anschließende, bei dem Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 3 KA 133/06 geführte Verfahren endete mit die Klage insgesamt abweisendem Urteil vom 10. November 2010. Das Bundessozialgericht wies die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde, die es unter dem Aktenzeichen B 6 KA 3/11 B bearbeitete, mit Beschluss vom 6. Juli 2011 zurück.
Am 3. Juni 2012 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er wegen der Verfahrensdauer des vorgenannten Rechtsstreites Schadensersatz sowie Schmerzensgeld in angemessener Höhe forderte. Zu der Begründung im Einzelnen nahm er auf einen im Vorfeld mit dem Präsidenten des Landessozialgerichtes geführten Schriftwechsel Bezug und zitierte insbesondere aus einem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Mai 2010, in dem dieser die vergleichsweise Beilegung der Angelegenheit gegen Zahlung einer Summe von 30.000,-- € vorschlug.
Der Vorsitzende hat mit Beschluss vom 5. Juni 2012 den Streitwert für das Verfahren vorläufig auf 30.000,-- € festgesetzt. Auf dieser Grundlage hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Schreiben vom 3. Juli 2012 von dem Kläger einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.360,-- € angefordert.
Nachdem der Vorschuss nicht bei Gericht eingegangen war, hat der Berichterstatter mit Schreiben vom 10. Januar 2013 den Kläger erneut zur Zahlung des Vorschusses aufgefordert, ihm hierfür eine Frist von drei Monaten gesetzt und zugleich darauf hingewiesen, dass nach etwa fruchtlosem Verstreichen der Frist die Klage in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens aus § 102 Abs. 2 SGG als zurückgenommen angesehen werde. Mit Fax vom 2. Februar 2013 hat der Bevollmächtigte des Klägers den Erhalt des Schreibens bestätigt.
Nachdem der Eingang des Vorschusses auch in der Folgezeit nicht zu verzeichnen war, hat das Gericht die unter dem Aktenzeichen (zunächst L 18 SF 22/12 EK KA, später) L 10 SF 22/12 EK KA geführte Klage am 6. Mai 2013 als durch Rücknahme erledigt angesehen. Hiervon hat es den Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom selben Tag unterrichtet. Zugleich hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 6. Mai 2013 den Streitwert endgültig auf 30.000,-- € festgesetzt und entschieden, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreites zu tragen habe.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2013 wandte sich der Kläger dagegen. Er widerspricht der Auffassung, dass der Rechtsstreit als durch Klagerücknahme erledigt angesehen wird. Er habe nach dem Erhalt der Verfügung vom 10. Januar 2013 ausdrücklich erklärt, dass der Rechtsstreit fortgeführt werden solle, so dass kein Anlass für die Anwendung der Rücknahmefiktion bestehe.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
1. festzustellen, dass die zu dem Aktenzeichen L 10 SF 22/12 EK KA geführte Klage nicht als durch Rücknahme erledigt angesehen wird,
2. den Beklagten zu verurteilen, ihm wegen der unangemessen Dauer des Rechtsstreites zu den Aktenzeichen S 16 KA 775/01 (SG Hannover) bzw. L 3 KA 133/06 (LSG Niedersachsen-Bremen) Entschädigung in Höhe von 7.500,-- € zu zahlen.
Der Beklagte hat sich inhaltlich zu der Streitsache bisher nicht geäußert.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senates durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte des Verfahrens zu den Aktenzeichen S 16 KA 775/01 (SG ...