Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Beitragspflicht von Versorgungsbezügen aus einer als betriebliche Altersversorgung abgeschlossenen Rentenversicherung. private Fortführung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Gem § 229 Abs 1 S 1 Nr 5 SGB 5 gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung. Hierzu gehören auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die aus einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung iS des § 1 Abs 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) gezahlt werden (vgl BSG vom 12.12.2007 - B 12 KR 2/07 R, vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R und vom 13.9.2006 - B 12 KR 5/06 R = SozR 4-2500 § 229 Nr 4). Ausgehend von diesen Voraussetzungen sind Zahlungen der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft als betriebliche Altersversorgung zu qualifizieren
2. Eine andere Sichtweise ist auch nicht durch die "private Fortführung" der Versicherung durch den Versicherten nach seinem Ausscheiden geboten. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erhebung von Beiträgen aus einmaligen Kapitalleistungen aus Direktlebensversicherungen bestehen nämlich nur, wenn die Versicherung auf den ehemaligen Arbeitnehmer als neuen Versicherungsnehmer übergegangen ist (vgl BVerfG vom 6.9.2010 - 1 BvR 739/08 = SozR 4-2500 § 229 Nr 10 und vom 28.9.2010 - 1 BvR 1660/08 = SozR 4-2500 § 229 Nr 11).
Normenkette
SGB V § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 237 S. 1 Nr. 2; BetrAVG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Zahlungen der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft als betriebliche Altersversorgung bei der Beitragsbemessung.
Der im Jahre 1943 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war in der Zeit vom 1. Mai 1991 bis zum Jahre 1993 als Geschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) beschäftigt.
Ab dem 1. Mai 1991 bestand über seinen damaligen Arbeitgeber eine Rentenversicherung, Tarif A, der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft (vormals: Pensionskasse der Chemischen Industrie Deutschlands). Ausweislich des Versicherungsscheins vom 28. Mai 1991 wurde der Kläger als Mitglied geführt; der MWV wurde als Kassenfirma geführt. Die Beiträge wurden durch den Arbeitgeber entrichtet. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem MWV im Jahre 1993 wurde die Versicherung durch ihn privat fortgeführt.
Mit Antrag vom 19. März 1993 begehrte der Kläger gegenüber der Pensionskasse der Chemischen Industrie Deutschlands die Mitgliedschaft als zahlendes Einzelmitglied. Seither wurden die Beiträge von ihm selbst gezahlt.
Nach Eintritt des Klägers in den Ruhestand teilte die Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft am 26. Januar 2005 gegenüber der Beklagten mit, dass der Kläger ab dem 1. Januar 2005 einen laufenden monatlichen Versorgungsbezug in Höhe von 840,10 € erhält. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2005 die Beitragspflicht der Versorgungsbezüge fest. Nach Maßgabe monatlicher beitragspflichtiger Versorgungsbezüge von 840,10 € resultiere ein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 123,49 €.
Der Kläger erhob Widerspruch und vertrat die Ansicht, dass es zur Beitragszahlung keine Rechtsgrundlage gäbe. Bei den Zahlungen handele es sich nicht um Versorgungsbezüge. Er habe freiwillige Beiträge an die Pensionskasse entrichtet. Seinerzeit habe er die Pensionskasse aus Vorsichtsgründen gewählt anstelle eines beliebigen anderen Finanzinstituts. Es habe sich um einen Sparvertrag gehandelt, der am Ende der Laufzeit entweder “en bloc„ oder in Form von monatlichen Bezügen geleistet werden sollte. Er rügte eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Artikel 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) und einer Verletzung der Eigentumsgarantie aus Artikel 14 GG. Es bestehe eine Ungleichbehandlung zwischen privater und betrieblicher bzw. gesetzlicher Vorsorge.
Die Beklagte hielt eine telefonische Rücksprache gegenüber der Pensionskasse. Es wurde nochmals bestätigt, dass es sich bei den Zahlungen um einen Versorgungsbezug i.V.m. einem alten Arbeitgeber handele. Anschließend sei eine freiwillige Zahlung erfolgt. Mit Teilabhilfebescheid vom 23. Februar 2005 legte die Beklagte unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze nunmehr einen monatlichen beitragspflichtigen Versorgungsbezug in Höhe von 705,00 € zugrunde. Es resultierte danach ein monatlicher Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 103,64 €. Im Übrigen wies sie den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2005 als unbegründet zurück. Bei der Rente der Pensionskasse handele es sich um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug nach § 22...