Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Liposuktion im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
Orientierungssatz
Eine Liposuktion an den unteren Extremitäten im Rahmen einer vollstationären Krankenhausbehandlung gehört nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 16. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Kostenübernahme für eine stationäre Liposuktion an den unteren Extremitäten.
Die 1966 geborene Klägerin ist als OP-Schwester tätig und gesetzlich krankenversichert. Seit 2010 leidet sie an einem ausgeprägten Lipödem der unteren Extremitäten von der Hüfte bis zum Knöchel und unter Schmerzen in den Oberschenkeln nach Belastung. Unter Vorlage des Attestes des Klinikums G., Abteilung für Plastische- und Handchirurgie Dipl.-Med. H., vom 23. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme einer stationären Liposuktion. Ausweislich des Attestes besteht bei der Klägerin ein schmerzhaftes Lipödem der unteren Extremitäten. Dipl-Med H. führte die Beschwerdeproblematik ausschließlich auf das Lipödem zurück und empfahl eine Liposuktion unter stationären Bedingungen. Die Beklagte legte das Attest ihrem medizinischen Dienst (MDK) vor, der die vorgelegten Unterlagen für wenig aussagekräftig hielt und darauf hinwies, dass eine konservative Behandlung auf jeden Fall vorrangig sei. Vor einer Liposuktion sei zunächst auch noch eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in einer entsprechend ausgerichteten lymphologischen Fachklinik zu empfehlen. Die Notwendigkeit der Liposuktion im vollstationären Rahmen bestehe nur in Ausnahmefällen.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 2011 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine stationäre Behandlung ab. Vor einer Operation seien konservative Maßnahmen auszuschöpfen (Kompressionsstrümpfe, Entstauungstherapie). Gegebenenfalls wäre die Durchführung einer stationären Reha-Maßnahme zu Lasten des Rentenversicherungsträgers in einer entsprechend ausgerichteten lymphologischen Fachklinik zu empfehlen. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und legte den Arztbrief von Dr. I. vom 27. Juni 2011 vor. Im Juni 2011 hatte sich die Klägerin beim Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie Dr. I. wegen Schmerzen in den Oberschenkeln nach Belastung und dem Gefühl, dass die Beine grundlos dicker werden, vorgestellt. Er diagnostizierte ein Lipödem im Stadium I und rezeptierte eine Flachstrickversorgung. Im Widerspruchsverfahren legte die Beklagte den Arztbrief dem MDK zur Überprüfung der Beurteilung vor. Mit sozialmedizinischem Gutachten vom 10. Mai 2012 bestätigte der MDK seine frühere Beurteilung und führte ergänzend aus, dass gemäß der aktuellen Leitlinien bei einem Lipödem im Stadium I eine konsequente Entstauungsbehandlung iVm einer Kompressionsbestrumpfung indiziert sei. Ausweislich des Kontrollbefundes aus der Gefäßchirurgischen Praxis vom September 2011 habe durch die durchgeführte Kompressionsbehandlung auch eine relative Schmerzfreiheit bei der Klägerin erzielt werden können. Für die Durchführung der angestrebten Liposuktion im stationären Rahmen fehle wegen der noch nicht weit fortgeschrittenen Erkrankung die medizinische Notwendigkeit. Zudem handele es sich bei der Liposuktion nicht um ein kausales Therapieverfahren; es könne allenfalls eine gewisse Linderung erzielt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung für eine Liposuktion. Ein Anspruch auf eine ambulante ärztliche Liposuktion scheitere daran dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen habe und kein Ausnahmefall vorliege, in dem dies entbehrlich sei. Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liege, dass sie von anderen Therapieverfahren unterscheide und dass ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen solle.
Die Klägerin hat am 20. Juli 2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und weitere Befundberichte vorgelegt. Sie hat die Ablehnung der Übernahme der Behandlungskosten als nicht korrekt gerügt. Bei ihr bestehe ausweislich der ärztlichen Stellungnahmen ein regelwidriger Körperzustand. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie als OP-Schwester tätig sei und bereits aufgrund ihrer Tätigkeit, insbesondere im Sommer, nicht ständig Kompressionsstrümpfe tragen könne. Die Liposuktion gehöre zwar nicht zum Leistungskatalog der GKV, die Klägerin habe aber einen Leistungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens. Die Liposuktion sei eine seriöse wissenschaftliche Methode, die a...