Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterbliebenenversorgung. Feststellung der Sozialleistungen. Träger der Kriegsopferversorgung. Sozialhilfeträger. Feststellungsklage. Feststellungsinteresse. Leistungsklage. gesetzliche Prozeßstandschaft. Nachrang der Sozialhilfe
Orientierungssatz
1. § 91a BSHG vermittelt keinen über die Voraussetzungen des § 55 hinausreichenden prozessualen Feststellungsanspruch. Soweit § 91a BSHG vorsieht, daß der erstattungsberechtigte Träger der Sozialhilfe die Feststellung einer Sozialleistung betreiben sowie Rechtsmittel einlegen kann, ist der Begriff der "Feststellung" nicht im prozessualen Sinne zu verstehen. Das Feststellungsrecht bewirkt vielmehr eine gesetzliche Prozeßstandschaft des Sozialhilfeträgers, aufgrund derer dieser sowohl in materieller wie in prozessualer Hinsicht die gleiche Rechtsstellung wie der Berechtigte einnimmt, ohne diesen zu verdrängen.
2. Die durch § 91a BSHG bewirkte Prozeßstandschaft ist unmittelbar an den Nachrang der Sozialhilfe gebunden und reicht nur so weit, wie der jeweilige Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers. Eine Rechtsverletzung des Sozialhilfeträgers durch Bescheide, mit denen Sozialleistungen versagt werden, tritt hiernach nicht ein, wenn dieser auf die möglicherweise rechtswidrig versagten Leistungen keinen durch seine Erstattungsberechtigung vermittelten Zugriff hat.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die inzwischen verstorbene Frau I R (im folgenden: die Witwe) einen Anspruch auf Versorgung nach dem im Februar 1945 verstorbenen Beschädigten G T gehabt hat. Von Januar 1979 bis zu dessen Tod im Juni 1986 war die Witwe in weiterer Ehe mit Herrn J R verheiratet. Die Auseinandersetzung der Beteiligten konzentriert sich auf die Frage, ob es sich hierbei um die zweite oder die dritte Ehe der Witwe gehandelt hat und ob deren Anspruch auf Versorgung demzufolge nach dem Tode J R wieder hat aufleben können.
Vom 10. Oktober 1990 bis zu ihrem Tode am 29. Dezember 1995 war die Witwe in einem Alten- und Pflegeheim im Kreisgebiet des Klägers untergebracht. Der Kläger trug in dieser Zeit zu den Kosten der Unterbringung und Pflege, die insgesamt ca. 266.000,-- DM betrugen, durch fortlaufende Hilfe zur Pflege bei. Unter Rückgriff auf eine der Witwe gezahlten Knappschaftsrente im Gesamtumfang von ca. 109.000,-- DM wandte er hierbei noch einen Gesamtbetrag von ca. 155.000,-- DM auf.
Den 1988 gestellten und im Oktober 1990 wiederholten Antrag der Witwe, ihr Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 23. März 1994 unter Hinweis darauf ab, daß nach Berichten gegenüber dem DRK-Suchdienst zwischenzeitlich eine Ehe mit einem gewissen "Jochen" bestanden habe, so daß es sich bei der Ehe mit J R bereits um die zweite auf den Tod des Beschädigten folgende Ehe gehandelt habe. Der Tod J R habe daher den Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung nicht wieder aufleben lassen können.
Während die Witwe gegen diesen Bescheid nichts unternahm, teilte der Kläger dem Beklagten unter dem 08. April 1994 mit, daß er gem. § 91 a BSHG Widerspruch gegen den Bescheid vom 23. März 1994 erhebe und die Rente vorsorglich "gem. §§ 90 BSGH/104 SGB X" auf sich überleite. Mit J R sei die Witwe erst in zweiter Ehe verheiratet gewesen. Zwar habe sie zwischenzeitlich vorübergehend mit einem weiteren Mann zusammengelebt, diesen aber nicht geheiratet. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1995 aus Sachgründen zurück.
Auf die im August 1995 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 21. Juni 1996 unter Aufhebung des Bescheides vom 23. März 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1995 festgestellt, daß der Beklagte dem Grunde nach verpflichtet sei, dem Kläger die von ihm aufgewendeten Kosten der Sozialhilfe aus der Frau I R zu gewährenden Witwenversorgung zu erstatten. Es hat das diesbezügliche Feststellungsbegehren des Klägers für zulässig gehalten und zur weiteren Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe beweisen können, daß die Witwe mit J R in zweiter Ehe verheiratet gewesen sei.
Mit ihrer am 28. August 1996 eingelegten Berufung stellt der Beklagte das Feststellungsinteresse des Klägers in Abrede und macht geltend, daß ein etwa wiederaufgelebter Anspruch der Witwe auf Versorgung nicht zu einem Zahlungs- oder Erstattungsanspruch des Klägers führen könne. Eine Grundrente gehöre nicht zu dem nach § 76 BSGH einzusetzenden Einkommen. Auf eine Ausgleichsrente, die ansich zu einem Anspruch des Klägers führen könne, habe die Witwe bereits deshalb keinen Anspruch haben können, weil sie zwischen Oktober 1990 und Juli 1995 die -- vom Beklagten ebenfalls in Anspruch genommene -- Knappschaftsrente in Höhe von 1.695,70 DM bis 2.090,-- DM erhalten habe. Von dieser seien ggf. 968,-- DM bis 1.131,-- DM monatlich auf eine etwaige Ausgleichsrente anzurechnen, so daß sich deren zwischen 628,-- DM und 734,-- DM liegender Zahlbetrag durchgehend auf Null reduziere. Auch auf Schadensausgleich bestehe offe...