Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozesskostenhilfe - Entscheidungserheblichkeit einer schwierigen Rechtsfrage - Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft
Orientierungssatz
1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG hat u. a. eine hinreichende Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache zur Voraussetzung. Dies ist u. a. der Fall, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt.
2. Die Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 S. 1 SGB 2 hinsichtlich der abschließenden Bewilligung von Leistungen des SGB 2 tritt nur ein, wenn der Grundsicherungsträger bis zu dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt einen abschließenden Leistungsbescheid tatsächlich nicht erlassen, d. h. jede Regelung zur endgültigen Leistungsbestimmung unterlassen hat.
3. Ist die Bewilligung von Leistungen für die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft streitig und dabei ungeklärt, aber klärungsbedürftig, welche davon im Bewilligungszeitraum tatsächlich Mitglied der Bedarfsgemeinschaft waren, so ist bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen PKH zu bewilligen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 04.09.2020 geändert. Den Klägern wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin A, X, beigeordnet.
Gründe
I.
Die 1980 geborene Klägerin zu 1) und ihre Kinder, die 2002 geborene Klägerin zu 2) und der 2013 geborene Klägerin zu 3), wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das gegen die endgültige Ablehnung von zuvor bewilligten Leistungen und eine hierauf beruhende Erstattungsforderung des Beklagten gerichtet ist.
Der Beklagte bewilligte den Klägern und dem Ehemann der Klägerin zu 1), Herrn G C, sowie dem 2000 geborenen Sohn T C mit Bescheid vom 19.10.2017 und Änderungsbescheid vom 25.11.2017 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018. Herr G C übte zu diesem Zeitpunkt eine selbständige Tätigkeit aus, die er zum 31.03.2018 beendete. Der Beklagte forderte Herrn G C mit Schreiben vom 02.08.2018 auf, bis zum 22.10.2018 Unterlagen über seine selbständige Tätigkeit im Zeitraum vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018, insbesondere eine vollständig ausgefüllte "Anlage EKS", eine betriebswirtschaftliche Auswertung und lückenlose Kontoauszüge zu übersenden. Sofern er oder die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die Unterlagen bis zum 22.10.2018 nicht vollständig einreichten, sei festzustellen, dass in diesem Zeitraum kein Leistungsanspruch bestanden habe und die Leistungen vollständig zu erstatten seien.
Am 10.09.2018 kam es in der Wohnung der Klägerinnen zu einem Polizeieinsatz wegen häuslicher Gewalt von Herrn G C gegenüber der Klägerin zu 1), in dessen Folge ein Rückkehrverbot bis zum 21.09.2018 ausgesprochen wurde. Die Klägerin zu 1) teilte dem Beklagten am 14.09.2018 mit, ihr Ehemann sei verzogen. Sie beantragte nunmehr nur noch für sich und die weiteren Klägerinnen Leistungen. Der Beklagte berücksichtigte Herrn G C nicht mehr als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Die Klägerin zu 1) führte in der Folge beim Amtsgericht B ein einstweiliges Anordnungsverfahren gegen ihren Ehemann nach §§ 1 und 2 Gewaltschutzgesetz wegen Gewaltschutz und Wohnungszuweisung (00 F 00/18). Herr G C kehrte erst vom 12.03.2019 bis zum 03.06.2019 vorübergehend in die Wohnung zurück.
Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Bescheid vom 18.03.2019 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag für die Zeit vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018 endgültig ab. Die Klägerin habe die mit Schreiben vom 02.08.2018 angeforderten Unterlagen nicht eingereicht. Mit weiterem Bescheid vom 18.03.2019 forderte der Beklagte von der Klägerin zu 1) 2849,54 EUR, von der Klägerin zu 2) 1485,74 EUR und vom Kläger zu 3) 1043,84 EUR zurück. Dieser Bescheid richtete sich ausdrücklich an die Klägerin zu 1) als gesetzliche Vertreterin der Klägerinnen zu 2) und 3). Entsprechende endgültige Festsetzungs- und Erstattungsbescheide ergingen separat auch an Herrn G C und an Herrn T C. Am 22.03.2019 erhoben die Klägerinnen gemeinsam Widerspruch gegen den endgültigen Festsetzungsbescheid und gegen den Erstattungsbescheid. Der Widerspruch bezeichnete die Namen aller Klägerinnen und die jeweiligen Erstattungsbeträge. Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 28.11.2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beklagte benannte in seiner Begründung die gegen die jeweiligen Klägerinnen festgesetzten Erstattungssummen.
Am 17.12.2019 haben die Klägerinnen beim Sozialgericht Aachen Klage gegen die Bescheide vom 18.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2019 erhoben und die Aufhebung dieser Bescheide sowie die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung von Leistungen vom 01.11.2017 bis zum 30.04.2018 beantragt. Weiter haben sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. In der Klageschrift ist ausdrücklich nur die Klägeri...