Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz gegen eine Internetausschreibung der Krankenkasse für Patientenfahrten
Orientierungssatz
1. Zur Sicherung der finanziellen Stabilität und der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung ist ein überragender Gemeinwohlbelang von hinreichendem Gewicht, der Regelungen und Einschränkungen der Berufsausübung rechtfertigt. Danach haben sich Preisvereinbarungen innerhalb der Ausschreibung von Patientenfahrten an den möglichst preisgünstigsten Versorgungsmöglichkeiten auszurichten.
2. Begehrt ein Personenbeförderungsunternehmer mit seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, der Krankenkasse zu untersagen, mit Taxiunternehmen Verträge über Krankenfahrten zu einem Entgelt abzuschließen, das unter dem in einer Taxitarifordnung oder vergleichbarem Regelwerk festgesetzten Entgelten liegt, so fehlt es an dem hierzu erforderlichen Anordnungsanspruch. Eine Verletzung der Art. 3 und 12 GG ist nicht ersichtlich.
3. Für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes ist es nicht ausreichend, eine Existenzgefährdung lediglich zu behaupten. Notwendig ist insoweit eine präzise Darstellung, wie sich die behaupteten Rechtsverstöße konkret auswirken.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 12.04.2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Antragsteller (AS) begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen Internetausschreibungen für Patientenfahrten.
Die Antragsgegnerin (AG) schreibt auf einer Internetplattform deutschlandweit Krankenfahrten aus. Registrierte und zur Personenbeförderung zugelassene Unternehmen (Bieter) können Gebote auf die auf der Plattform tagesaktuell mit einer Abgabefrist von ca. drei Tagen eingestellten Ausschreibungen abgeben. Auf Grundlage der eingehenden Gebote schließt die AG jeweils einen Vertrag mit dem günstigsten Bieter über die Durchführung der jeweiligen Fahrt/en unter Einbeziehung der auf der Internetplattform bekannt gemachten "Vertragsbedingungen für Patientenfahrten". Teilnahmevoraussetzung ist u.a., dass Bieter über einen gültigen Personenbeförderungsschein und eine gültigen Genehmigungsurkunde nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verfügen. Darüber hinaus wird seitens der AG auf Folgendes hingewiesen:
"Die Ausschreibungen gelten nicht für Patientenfahrten in einem Pflichtfahrbereich (§ 51 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz), für den in einer Taxitarifordnung oder vergleichbaren Regelwerken Entgelte festgesetzt worden sind; Sondervereinbarungen für den Pflichtfahrbereich (§ 51 Abs. 2 Personenbeförderungsgesetz) bleiben allerdings möglich, wenn sie lediglich anzeigepflichtig sind. Angebote, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, können weder berücksichtigt noch angenommen werden."
Die AS forderten die AG unter Fristsetzung bis zum 31.01.2010 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf (Schreiben vom 19.01.2010). Nach fruchtlosem Fristablauf sowie Ablauf einer bis zum 16.02.2010 gesetzten Nachfrist haben die AS am 10.03.2010 bei dem Sozialgericht (SG) Münster einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ausgeführt: Durch die Ausschreibung der AG seien sie nach Kündigung zuvor bestehender Verträge zwischen der AG und den Taxiverbänden Westfalen-Lippe und Nordrhein über die Durchführung und Abrechnung von Krankenfahrten einem ruinösen Unterbietungswettbewerb im Taxengewerbe ausgesetzt. Die nunmehr von der AG durchgeführte Form der Ausschreibung verletze gesetzliche Regelungen und die AS in ihren Rechten aus § 51 Abs. 2 PBefG, Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Da kein Bieter im Vorfeld wisse, ob er aufgrund seines Gebotes den Zuschlag für die angebotene Patientenfahrt bekomme, sei ein Taxiunternehmer grundsätzlich an der erforderlichen Anzeige einer Sondervereinigung im Vorfeld der Durchführung der Fahrt gehindert. Die AG handele zudem unlauter und störe die Ordnung des Verkehrsmarktes i.S.d. § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG. Denn sie ziele auf eine dauernde Unterschreitung des Taxitarifs oder nehme eine solche zumindest billigend in Kauf. Soweit die AG durch ihren Hinweis auf der Vergabeplattform Taxiunternehmer aus einem Pflichtfahrbereich gemäß § 51 Abs. 1 PBefG von der Abgabe eines Angebotes ausschließe, liege zudem ein Verstoß gegen § 101 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vor. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sei zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig, die für die AS ständig darin bestünden, dass sie sich am Vergabeverfahren für Krankenfahrten im Pflichtfahrbereich des Kreises C nicht beteiligen dürften bzw. dass die auch zum Schutz der AS erlassenen Taxitarife für Krankenfahrten durch - im Kreis C anzeigepflichtige - Sondervereinbarungen unterschritten würden.
Die Antragsteller haben schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung
1. die Antragsgegnerin z...