Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Verpflichtung zur Selbsthilfe beim Bezug von Leistungen der Sozialhilfe
Orientierungssatz
1. Das Zusammenleben zweier Personen in einer gemeinsamen Wohnung begründet die Vermutung des gemeinsamen Wirtschaftens und damit des Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft i. S. des § 36 SGB 12. Will der Hilfebedürftige die hieraus resultierende Vermutung der gegenseitigen Bedarfsdeckung des § 36 SGB 12 widerlegen, so trifft ihn dazu die Beweislast.
2. Zu der Verpflichtung zur Selbsthilfe nach § 2 Abs. 1 SGB 12 gehört, dass der Hilfe Suchende Ausgaben vermeidet, welche die ihm zur Verfügung stehenden und in erster Linie für die Bestreitung des notwendigen Lebensunterhalts einzusetzenden Mittel mindern könnten. Unnötige Verpflichtungen sind so schnell wie möglich rückgängig zu machen und freiwillig eingegangene Verpflichtungen dürfen nicht erfüllt werden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.10.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 15.12.2005), ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Der Senat nimmt zur Begründung Bezug auf die Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung, denen er sich nach eigener Überzeugung und Überprüfung der Sach- und Rechtslage weitestgehend anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Im Beschwerdeverfahren haben sich keine anderen Gesichtspunkte gezeigt, die zu einer anderen Beurteilung führen können. Nach wie vor sind weder der Anordnungsanspruch und insbesondere ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht in der erforderlichen Weise glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich des Anordnungsanspruchs kann auch zur Überzeugung des Senats dahinstehen, ob der Antragsteller, seine Ehefrau und deren Söhne I und D eine Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 36 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) mit der Folge der Vermutung der gegenseitigen Bedarfsdeckung bilden. Zwar spricht nach der in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfungsdichte mehr für ein gemeinsames Wirtschaften. Der Antragsteller selbst hat nämlich zu keiner Zeit bestritten, mit den genannten Personen in einer Wohnung zu leben. Noch im Jahre 2003 wurde im Rahmen des Antrages auf Bewilligung von Wohngeld ausdrücklich ausgeführt, der Antragsteller und seine Familie bewohnten gemeinsam eine 108 m² große Wohnung. Dass zuvor und in der Folgezeit die Angaben des Antragstellers zur Größe der gemeinsam genutzten Wohnung und auch der den einzelnen Familienmitgliedern zuzuordnenden Wohnanteile differierten, ist ohne Belang. Insbesondere unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin im Rahmen der Wohnungsbegehung vom 26.08.2005 erhobenen tatsächlichen Umstände sind die Angaben des Antragstellers im Rahmen einer persönlichen Anhörung vom 28.06.2005, in der Wohnung bestünden abgeschlossene (eigene) Wohn- und Schlafbereiche, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, jedenfalls aber nicht geeignet, die Vermutung der Bedarfsdeckung des § 36 SGB XII zu entkräften, zumal zahlreiche weitere Umstände für ein gemeinsames Wirtschaften sprechen (Abwicklung sämtlicher Angelegenheiten der Verwaltung des Hausgrundstücks durch den Antragsteller, das Eingehen vertraglicher Verpflichtungen in diesem Zusammenhang durch den Antragsteller und seine Ehefrau etc., die Finanzierung besonderer Nahrungsergänzungsmittel und Lebensmittel durch die Söhne). Entgegen der Ankündigung des Antragstellers vom 29.10.2005, ab dem 01.01.2006 mit seiner Ehefrau aus der gemeinsam mit seinen Söhnen bewohnten Wohnung auszuziehen, hat sich angesichts der Neuvermietung der zum 31.12.2005 frei gewordenen Wohnung nichts an den Wohnverhältnissen geändert.
Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben der Söhne des Antragstellers dürfte die Vermutung des § 36 SGB XII derzeit nicht widerlegen. Ob angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Söhne Leistungen an den Antragsteller erwartet werden können, kann und muss aber ebenso wie die abschließende Klärung der Wohnverhältnisse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Das SG hat nämlich mit zutreffender Begründung dargelegt, dass der Antragsteller (und seine Ehefrau) ihren jeweiligen Bedarf (Regelsatz von 345 EUR bzw. 276 EUR, Mehrbedarfe von 58,65 EUR - Schwerbehinderung und Merkzeichen - sowie Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung des Antragstellers in Höhe von 51,13 EUR) aus der Altersrente der Ehefrau (396,63 EUR) und den aus dem Nießbrauch gezogenen Früchten (der Miete in Höhe von 660 EUR bis zum 31.12.2005, 330 EUR im Januar 2006 und 650 EUR ab Februar 2006) decken können.
Bezüglich des Nießbrauchsrechts teilt der Senat die Auffassung des SG, der Antragsgegnerin und zuletzt auch des...