Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens
Orientierungssatz
1. Mögliche Beweismittel im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens nach § 76 Abs. 3 SGG sind allein der Augenschein, der Zeugen- und der Sachverständigenbeweis.
2. Zulässigkeitsvoraussetzung eines Beweissicherungsverfahrens mit dem Ziel einer Verpflichtung der Aufbewahrung bzw. Unterlassung einer Vernichtung von Unterlagen ist, dass der Antragsteller die Gefährdung einer späteren Beweisaufnahme substantiiert vorträgt. Besteht objektiv keine Gefahr, dass die für relevant gehaltenen Unterlagen vor Abschluss des den Antragsteller betreffenden Verfahrens vernichtet werden, so ist der gestellte Antrag unbegründet. Über die Kostentragung im Beweissicherungsverfahren ist zusammen mit der Hauptsache zu entscheiden.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 15.10.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht den Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens mit dem Ziel einer Verpflichtung der Beigeladenen zur Aufbewahrung bzw. Unterlassung einer Vernichtung von Unterlagen zur Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 verworfen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung eines solchen Verfahrens gemäß §§ 76 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), 487, 490, 494 Zivilprozessordnung (ZPO) seien nicht erfüllt. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen. Gegen den am 24.10.2012 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 30.10.2012, auf deren Begründung gleichfalls Bezug genommen wird.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unbegründet. Ein Beweissicherungsverfahren mit dem beschriebenen Ziel ist nicht zulässig. Mögliche Beweismittel im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens nach §§ 76 Abs. 3 SGG, 487, 490 bis 494 ZPO sind alleine der Augenschein sowie der Zeugen- oder Sachverständigenbeweis. Dies entspricht sowohl der Formulierung in § 76 Abs.1 SGG als auch der Parallelvorschrift in § 485 Abs.1 Zivilprozessordnung (ZPO) und ist zu beiden Regelungen - soweit ersichtlich - unumstritten (z.B. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 76 Rn 1 "auf Grund bestimmter Beweismittel", noch deutlicher in der Vorauflage Rn 2a; Groß in Lüdtke, SGG, 4. Aufl § 76 Rn 4; Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 33.Aufl. § 485 Rn 1). Der Antrag des Klägers auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens mit dem beschriebenen Ziel ist auch aus dem weiteren Grunde unzulässig, dass der Kläger eine Gefährdung einer späteren Beweisaufnahme nicht substantiiert vorträgt. Dies ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung (Leitherer, a.a.O. Rn 2a; Groß a.a.O., Rn 7; Reichhold, a.a.O. Rn 1). Auch im Falle der Zulässigkeit eines Antrags auf die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens wäre dieser Antrag unbegründet, weil kein Anspruch auf die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens nach § 76 SGG besteht. Denn nach mehreren Erklärungen der Beigeladenen (Erklärung vom 15.01.2010 im Verfahren des Verwaltungsgerichts Wiesbaden - 6 K 1374/11. WI; vom 29.04.2013 im Verfahren S 19 (8) AS 247/11 (S 19 SF 126/12 Bw / L 19 AS 2121/12 B)) besteht auch objektiv keine Gefahr mehr, dass die vom Kläger für entscheidungsrelevant gehaltenen Unterlagen vor Abschluss der ihn betreffenden Verfahren vernichtet werden. Dies entspricht im Übrigen der eigenen Einschätzung des Klägers nach seinem Schreiben vom 12.05.2013 im vorliegenden Verfahren. Droht jedoch keine Vernichtung der Haushaltsbücher, ist auch nicht i.S.v. § 76 Abs. 1 SGG zu besorgen, dass Beweismittel verlorengehen oder ihre Benutzung erschwert wird. Über die Kostentragung im Beweissicherungsverfahren ist zusammen mit der Hauptsache zu entscheiden (Leitherer, a.a.O., § 76 Rn 5, Groß, a.a.O. Rn 11).
Dieser Beschluss ist endgültig, § 177 SGG.
Fundstellen