Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Sonderbedarf. Klassenfahrt. Skifreizeit. Ausleihe einer Skiausrüstung mit Schutzhelm. Taschengeld. Proviant. Sonnenbrille
Leitsatz (amtlich)
Zu den Kosten der Klassenfahrt (Skifreizeit) gehören auch die unmittelbaren Kosten für die Skiausrüstung (Helm).
Orientierungssatz
1. Dagegen sind Taschengeld und Proviant aus der Regelleistung iS des § 20 SGB 2 zu bestreiten. Die Anerkennung als Sonderbedarf liefe dem Pauschalierungsgrundsatz bei der Regelleistung zuwider (vgl LSG Essen vom 3.12.2007 - L 20 AS 2/07).
2. Eine Sonnenbrille ist kein speziell und allein für die Durchführung einer Klassenfahrt benötigter Gegenstand, sondern kann im Anschluss an die Klassenfahrt weiterverwendet werden. Sie ist daher als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens aus der Regelleistung zu finanzieren.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 10.01.2008 geändert und neu gefasst: Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller zusätzlich zu den in Ausführung des Bescheides vom 18.12.2007 für die Klassenfahrt des Antragstellers vom 08. bis 16.02.2008 bereits gezahlten 265,00 EUR weitere 34,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der am 00.00.1994 geborene Antragsteller lebt bei seiner Mutter. Beide stehen als Bedarfsgemeinschaft im laufenden Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Antragsgegnerin.
Vom 08. bis 16.02.2008 wird der Antragsteller an einer Skifreizeit seiner Schulklasse in Österreich teilnehmen. Mit Schreiben vom 12.12.2007 gab die Schule hierfür Kosten i.H.v. 265,00 EUR an. Während der Freizeit werde volle Verpflegung einschließlich Getränke gewährt; am Abreisetag gebe es ein Frühstück. Eine Skiausrüstung könne einschließlich Versicherung für (zusätzlich) 28,00 EUR ausgeliehen werden, ein Skihelm bei in Österreich derzeit noch nicht bestehender Helmpflicht für 6,00 EUR. Als "nützliche Hinweise für die Reise" wird u.a. auf Sonnen- bzw. Skibrille, Sonnenschutz, Lippenschutz (z.B. Labiosan), Skihandschuhe (Microfaser), Skihose oder -anzug, Skiunterwäsche (z.B. Gymnastikhose aus Baumwolle) und Skisocken hingewiesen. Taschengeld (ca. 20,00 EUR) sei nur für Getränke und den persönlichen Bedarf erforderlich; die Grundversorgung sei im Preis inbegriffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Schule vom 12.12.2007 Bezug genommen.
Der durch seine Mutter vertretene Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 12.12.2007 bei der Antragsgegnerin die Übernahme der folgenden Kosten: Reisekosten 265,00 EUR, Leihgebühren 28,00 EUR zzgl. 6,00 EUR, Medikamentenkosten 3,10 EUR (Labiosan), Funktionskleidung 57,26 EUR sowie Taschengeld 20,00 EUR (Summe: 379,36 EUR). Hinzu kämen noch Kosten für eine "Funktionsbrille mit Dioptrien und UV-Schutz", deren Kosten noch nicht feststünden. Er bat um Bewilligung bis zum 18.12.2007. Mit weiterem Schreiben vom 13.12.2007 teilte er mit, er nehme die bis zum 18.12.2007 gesetzte Frist zurück und setze eine Frist zur Überweisung bis zum 15.12.2007.
Am 17.12.2007 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung der "erforderlichen Kosten" für die Klassenfahrt. Er wies u.a. darauf hin, er müsse sich für die Fahrt bis zum 19.12.2007 anmelden; der Teilnahmebetrag von 265,00 EUR müsse bis zum 04.01.2008 bezahlt werden. Der Antragsteller brachte etliche Quittungen über die Anschaffung von Ski-Bekleidung und den Lippenschutz Labiosan bei; auf diese Quittungen wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 18.12.2007 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen für die Klassenfahrt nach § 23 Abs. 3 SGB II i.H.v. 265,00 EUR.
Nachdem sich für den Antragsteller ein Rechtsanwalt bestellt hatte, beantragte der Antragsteller die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung weiterer 125,31 EUR. Zu den bereits im Antrag genannten einzelnen Kostenbestandteilen gab er nun weitere 10,95 EUR für Augen-UV-Schutz (Aufsatz für seine Brille lt. Rechnung der Fa. Fielmann) an.
Die Antragsgegnerin lehnte eine Übernahme der Leihgebühren für Skier und Helm, der Kosten für Lippen- und Augen-UV-Schutz, für Funktionskleidung und das Taschengeld ab; diese Kosten seien bereits mit den Regelleistungen nach § 20 Abs. 1 SGB II abgedeckt. Auch eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II komme nicht in Betracht; die benötigten Gegenstände seien offenbar schon gekauft worden und hätten darüber hinaus vorrangig in Kleiderkammern oder Gebrauchtwarenlagern beschafft werden können.
Mit Beschluss vom 10.01.2008 hat das Sozialgericht, das der Antragstellerin zuvor Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I aus C bewilligt hatte, die Antragsgegnerin vorläufig zur Leistung eines weiteren Betrages von 28,00 EUR (Le...