Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Zulässigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes. Zulässigkeit einer vollständigen Absenkung der Grundsicherungsleistung als Sanktion für ein pflichtwidriges Verhalten

 

Orientierungssatz

1. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes zur Bestimmung von Leistungen und Pflichten für die Eingliederung eines Grundsicherungsempfängers in den Arbeitsmarkt ist grundsätzlich zulässig.

2. Eine vorübergehende vollständige Herabsetzung der Grundsicherungsleistung als Sanktion für pflichtwidriges Verhalten ist jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn für die Dauer der Herabsetzung die zur Bestreitung des Lebensunterhaltes unerlässlichen Mittel durch ergänzende Sachleistungen zur Verfügung stehen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 24.03.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Eilverfahren um die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes und eines Sanktionsbescheides.

Der 1973 geborene Antragsteller ist alleinstehend und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - Arbeitslosengeld II - nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 11.04.2016 wurde sein Arbeitslosengeld II für den Zeitraum 01.05.2016 bis 31.07.2016 um 30 % des Regelbedarfs wegen Verstoßes gegen die Pflichten aus einem Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 gemindert. Das hiergegen geführte Klageverfahren blieb erfolglos.

Mit Bescheid vom 13.09.2016 wurden dem Antragsteller für den Zeitraum 01.10.2016 bis 30.09.2017 monatlich 404,- Euro Regelleistungen gewährt. Im Rahmen eines am 26.08.2016 geführten Beratungsgesprächs zum Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung im Anschluss an den auslaufenden Eingliederungsverwaltungsakt vom 10.02.2016 wurde er zu seinen aktuellen Vorstellungen zur Arbeitsaufnahme befragt. Der Antragsteller teilte diesbezüglich mit, dass er mit seinem erlernten Beruf zufrieden sei und auch problemlos eine hoch bezahlte Stelle finden könne, das aktuelle Wirtschaftssystem aber ablehne. Den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung lehne er ab. Dem Antragsteller wurde dennoch der Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung mit der Bitte mitgegeben, sich in Ruhe zu überlegen, ob er diese unterschreiben könne. Es wurde eine Frist bis zum 31.08.2016 eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist ohne weitere Reaktion des Antragstellers erließ der Antragsgegner am 14.09.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum 14.09.2016 bis 13.03.2017. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt sah unter anderem vor, dass der Antragsteller bis zum 30.09.2016 eine vollständig aktualisierte Bewerbungsmappe vorlegt und sich bis zum 01.10.2016 dreimalig und anschließend monatlich fünfmal um eine Arbeitsstelle bemüht und diese Bemühungen in einem Aktionsplan festhält, den er dem Antragsgegner jeweils zum Monatsersten, erstmalig am 01.10.2016, vorlegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt Bezug genommen.

Der Antragsteller legte gegen den Eingliederungsverwaltungsakt am 29.09.2016 Widerspruch ein. Dieser Verwaltungsakt und die dort angedrohte Sanktion seien rechtswidrig und nichtig. Ihm stehe das staatlich garantierte Existenzminimum zu. Der Entzug dieses Existenzminimums sei grundrechtswidrig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2016 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Der eine Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt sei nicht zu beanstanden. Die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil vom 26.01.2017 abgewiesen (Az.: S 2 AS 950/16). Hiergegen hat der Antragsteller Berufung eingelegt (Az.: L 2 AS 488/17).

Mit Sanktionsbescheid vom 12.10.2016 stellte der Antragsgegner nach Anhörung eine Minderung des Arbeitslosengeldes II um 60% des maßgebenden Regelbedarfs (242,40 Euro monatlich) für den Zeitraum 01.11.2016 bis 31.01.2017 fest. Der Antragsteller habe entgegen der im Verwaltungsakt vom 14.09.2016 festgelegten Pflichten keine Bewerbungsmappe bis zum 30.09.2016 vorgelegt. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 zurück. Die daraufhin vom Antragsteller vor dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage wies das Sozialgericht mit Urteil vom 26.01.2017 ab (S 2 AS 949/16). Die Berufung wurde nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (L 2 AS 489/17 NZB).

Mit dem hier streitigen Sanktionsbescheid vom 14.02.2017 minderte der Antragsgegner das Arbeitslosengeld II des Antragstellers in der Zeit vom 01.03.2017 bis zum 31.05.2017 um 100 %. Der vorangegangene Bewilligungs-/Änderungsbescheid wurde für diesen Zeitraum nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch teilweise aufgehoben. Der Antragsteller sei seinen Pflichten aus dem Eingliederungsv...

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