Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Begründung einer Anordnung der sofortigen Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes
Orientierungssatz
1. Die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten liegt. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ist schriftlich zu begründen.
2. Die Begründung muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Betroffenen im konkreten Fall überwiegt und warum die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht.
3. Die Begründung darf sich nicht in einer bloß allgemeinen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpfen, die weder den Einzelfall überhaupt noch dessen Besonderheit aufgreift.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 06.07.2009 geändert. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (S 2 SO 102/09) gegen den Änderungsbescheid der Antragsgegnerin vom 19.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2009 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B aus F ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die private Kranken-/ Pflegeversicherung des Antragstellers in voller Höhe im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Der 1938 geborene Antragsteller bezieht seit dem 01.01.2005 ergänzende Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII von der Antragsgegnerin.
Er ist bei der E Krankenversicherung AG (E) privat kranken- und pflegeversichert.
Mit Bescheid vom 17.12.2008 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für den Zeitraum 01.01.2009 bis 30.06.2009 monatliche Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 971,25 EUR. Hierin enthalten waren Kosten für die private Krankenversicherung des Antragstellers in Höhe von 225,49 EUR und die private Pflegeversicherung in Höhe von 55,14 EUR. Die Beiträge für die seitens der E als "Standardtarif" bezeichnete Versicherungsleistung betrugen somit insgesamt 280,63 EUR monatlich.
Mit Schreiben vom 04.02.2009 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, zu überprüfen, ob er bereits im reduzierten Basistarif versichert sei. Sollte dieses nicht der Fall sein, werde er im Rahmen der Selbsthilfeverpflichtung des § 2 SGB XII aufgefordert, unverzüglich bei seinem Versicherungsunternehmen einen Antrag auf Versicherung im Basistarif ohne Selbstbeteiligung zu stellen. Sie wies darauf hin, dass der Beitrag, der sozialrechtlich für eine private Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden könne, auf die Beiträge begrenzt sei, die für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen seien. Spätestens zum 01.03.2009 sei beabsichtigt, die dem Antragsteller gewährte Sozialhilfe entsprechend umzustellen.
Die E teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 18.02.2009 mit, dass der Beitrag im reduzierten Basistarif in der Krankenversicherung 267,03 EUR und in der Pflegeversicherung 35,83 EUR betrage. Der Antragsteller beantragte die Aufnahme in den Basistarif.
Mit Änderungsbescheid vom 19.02.2009 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller abweichend für den Zeitraum 01.03.2009 bis 30.06.2009 monatliche Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 837,95 EUR. Dabei berücksichtigte sie jetzt nur noch Beiträge für die Krankenversicherung des Antragstellers in Höhe von 129,54 EUR und für die Pflegeversicherung in Höhe von 17,79 EUR. Der aktuelle, derzeit maßgebliche Bewilligungsbescheid werde wegen einer Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) aufgehoben.
Der Antragsteller legte mit Schreiben vom 07.03.2009, der Antragsgegnerin zugegangen am 10.03.2009, Widerspruch gegen den Änderungsbescheid ein. Die ihm gesetzte Frist für eine Tarifänderung seiner privaten Kranken-/Pflegeversicherung sei zu kurz bemessen. Er habe der E gegenüber unverzüglich die Überführung in den Basistarif beantragt. Für den Monat März 2009 habe diese jedoch Versicherungsbeiträge auf der Grundlage des alten "Standardtarifs" von seinem Konto eingezogen; 133,30 EUR mehr als von der Antragsgegnerin bei der Leistungsgewährung berücksichtigt. Bis zur Umsetzung der Übernahme in den Basistarif, auf deren zeitlichen Ablauf er keinen Einfluss habe, seien ihm Sozialhilfeleist...