Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Rechtsanwaltsgebühr in Verfahren der Grundsicherung

 

Orientierungssatz

1. Die Verfahrens- und Einigungsgebühr ist in Höhe der Mittelgebühr anzusetzen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt.

2. Bei einem durchschnittlichen Umfang und einer durchschnittlichen Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist bei einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit die Mittelgebühr für die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 170.- €. und für die Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 190.- €. festzusetzen.

3. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit. Überdurchschnittlich schwierig ist die Tätigkeit dann, wenn erhebliche, sich üblicherweise nicht stellende Probleme auftreten. Diese können sowohl im tatsächlichen als auch im juristischen Bereich auftreten.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 12.07.2010 wird zurückgewiesen.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

1. Über die Beschwerde entscheidet der Senat mit drei Berufsrichtern, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Die Rechtssache hat deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, dass ein Landessozialgericht (LSG) über Beschwerden gegen die Entscheidung des Sozialgerichts über die Erinnerung gegen eine Kostenfestsetzung (§ 56, § 33 RVG) stets mit drei Berufsrichtern zu entscheiden habe, auch wenn der Sache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (LSG Nordrhein-Westfalen (NRW), Beschluss vom 16.12.2009, L 19 B 180/09 AS, Juris), und sich der erkennende Senat mit dieser Rechtssprechung noch nicht auseinandergesetzt hat.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtssprechung nicht an. Sie fußt auf der Annahme, die Regelung des § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 2 RVG, wonach der Einzelrichter über die Beschwerde auch entscheidet, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist, finde im sozialgerichtlichen Verfahren keine Anwendung, wenn die angefochtene Entscheidung durch den Kammervorsitzenden allein ergangen ist. Die Norm des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG weise die Entscheidung dem Einzelrichter als Mitglied des Gerichts zu. Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts entscheide nicht als einzelnes Mitglied der Kammer, sondern als Kammer in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter, denn diese wirkten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung nicht mit. Die Entscheidung im schriftlichen Verfahren sei daher keine Einzelrichterentscheidung im Sinne des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG (zum Vorstehenden LSG NRW, Beschluss vom 16.12.2009, L 19 B 180/09 AS, Juris).

Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsauffassung nicht. Zum Einen findet sie im Wortlaut des § 33 Abs. 8 RVG keinen Niederschlag. Das RVG unterscheidet hinsichtlich der Besetzung des Beschwerdegerichts nicht zwischen sozialgerichtlichen und sonstigen Rechtssachen. Auch Sinn und Zweck rechtfertigen nicht die dargestellte restriktive Lesart des § 33 Abs. 8 RVG. Zur Entscheidung berufen ist gemäß § 33 Abs. 8 Satz 1 Hs. 1 RVG vielmehr grundsätzlich der Einzelrichter (Pukall in: Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl. 2009, § 56 Rn. 30). Zur Überzeugung des erkennenden Senat ist der nachfolgende Halbsatz 2 des § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG so zu lesen, dass der Einzelrichter zur Beschwerdeentscheidung auch dann berufen ist, selbst wenn die angefochtene Entscheidung durch einen Einzelrichter erlassen wurde. Eine Ausnahme hiervon gilt gemäß § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG nur dann, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

2. Antragsteller und Beschwerdeführer ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe betreffen, der Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin selbst. Beschwerdegegner ist in diesen Verfahren die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Die durch die Prozesskostenhilfe begünstigte Partei ist am Verfahren nicht beteiligt (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom 14.05.2009, L 9 B 220/07 AS, und vom 31.05.2010, L 9 B 59/09 AS).

3. Die Beschwerde ist gemäß § 56 Abs. 2 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft, weil der Beschwerdewert von 200 EUR überschritten wird.

4. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Köln entschieden, dass der Beschwerdeführerin gegenüber der Landeskasse kein Anspruch auf Festsetzung einer höheren als der durch das Sozialgericht festgesetzten Vergütung zusteht.

Der Prozessbevollmächtigte als beigeordneter Rechtsanwalt bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG die Höhe der Verfahrensgebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere d...

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