Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Auszahlung eines Honorarabschlags durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Der Honorarbescheid der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) wird in der Regel bis zum Ende des auf das Abrechnungsquartal folgenden Monats erlassen. Auf das Vierteljahreshonorar kann der Vertragsarzt monatliche Abschlagszahlungen erhalten.
2. Ist über das Vermögen des Vertragsarztes das Insolvenzverfahren eröffnet und hat daraufhin der Insolvenzverwalter das Vermögen aus selbständiger Tätigkeit des Vertragsarztes freigegeben, so ist die KV nach Maßgabe der Honorarverteilungsvertrags zur Abschlagszahlung verpflichtet.
3. Eine echte Freigabe des Insolvenzverwalters muss einen endgültigen Verzicht auf den betreffenden Gegenstand zum Inhalt haben und dies unmissverständlich ausdrücken. Die Freigabe bewirkt, dass das vom Vertragsarzt neu erworbene Vermögen dauerhaft aus der Insolvenzmasse gelöst ist, vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 1961 - VII ZR 46/60 und OLG Nürnberg, Urteil vom 25. Mai 2000 - 13 U 3867/99..
4. Führt der Vertragsarzt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Verbindung mit einer echten Freigabe durch den Insolvenzverwalter die Arztpraxis fort, so ist die KV im Falle einer Sicherungszession des Vertragsarztes berechtigt, die mittels Sicherungszession zu Gunsten des Gläubigers abgetretene Forderung zu bedienen. Danach hat der Vertragsarzt solange keinen Anspruch auf Abschlagszahlungen, als die Forderung des Sicherungsgläubigers befriedigt ist. In diesen Grenzen hat der Vertragsarzt keinen Anspruch auf Auszahlung des erwirtschafteten Honorars, vgl BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - IX ZR 247/03.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.07.2011 abgeändert. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Auszahlung des Honorarabschlags für die Monate März und April 2011.
Über das Vermögen des als Facharzt für Hals- Nasen- Ohrenheilkunde in L niedergelassenen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Antragstellers hat das Amtsgericht L mit Beschluss vom 01.01.2005 - 72 IN 415/04 - das Insolvenzverfahren eröffnet. Dieses ist ebenso wie das Verfahren über die beantragte Restschuldbefreiung noch nicht beendet. Mit Wirkung zum 01.01.2011 hat der Insolvenzverwalter das Vermögen des Antragstellers aus seiner selbständigen Tätigkeit als Arzt aus der Insolvenzmasse freigegeben und dies der Antragsgegnerin am 06.01.2011 mitgeteilt. Die hierauf vom Antragsteller begehrte Abschlagszahlung lehnte die Antragsgegnerin unter Hinweis auf ihr vorliegende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse vom 11.03.2003 und 23.04.2003 sowie auf eine Abtretung der Honoraransprüche an die Deutsche Bank AG vom 13.12.2001 ab.
Der Antragsteller hat daraufhin bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung der Antragsgegnerin beantragt, die Abschlagszahlungen an ihn zu leisten.
Der Antragsteller hat geltend gemacht, für März und April keine Ratenzahlungen erhalten zu haben. Die einstweilige Anordnung sei zur Sicherung des Existenzminimums notwendig (wird ausgeführt).
Der Antragsteller hat sinngemäß beantragt,
im Wege der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin zu verpflichtet, ihm Abschlagszahlungen in Höhe von mindestens 20 % des anerkannten Gesamthonorars abzüglich der Bareinnahmen an Praxisgebühr der letzten durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein fertig gestellten Quartalsabrechnung für die Monate März und April 2011 zu leisten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat vorgetragen: Sie sei verpflichtet sicherzustellen, dass Honorarzahlungen mit befreiender Wirkung erfolgten und nicht ggf. zu einem späteren Zeitpunkt ein zweites Mal an den tatsächlich Berechtigten ausgezahlt werden müssten. Da die Deutsche Bank ebenfalls die Honorarzahlungen beanspruche, sei fraglich, ob die Rechte aus der Sicherungszession nach der Freigabe wieder auflebten. Zudem müsse Gewissheit bestehen, dass auch aus den Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen keine Rechte zu ihren - der Antragsgegnerin - Lasten in ihrer Eigenschaft als Drittschuldnerin hergeleitet werden könnten. Solange für sie nicht festzustellen sei, ob und ggf. in welcher Höhe Honorarzahlungen mit befreiender Wirkung an den Antragsteller geleistet werden könnten, fehle es an einem Anordnungsgrund. Im Übrigen verkenne der Antragsteller, dass es sich bei März-Zahlung nicht um eine Abschlagszahlung, sondern um die dritte Rate aus dem Quartal IV/2010 handele. Da der Insolvenzverwalter das Vermögen des Antragstellers aus seiner Tätigkeit als selbständiger Arzt mit Wirkung zum 01.01.2011 freigegeben habe, sei diese Rate ebenso wie die Restzahlung IV/2010 an ihn - den Insolvenzverwalter - gezahlt worden. Die dritte Rate für das Quartal I/2011 habe sie dem Antragsteller im Juni 2011 überw...