Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinweispflicht des Grundsicherungsträgers vor der Versagung von Leistungen wegen fehlender Mitwirkung
Orientierungssatz
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines mit einer Anfechtungsklage angefochtenen Bescheides ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes. Ist ein Widerspruchsverfahren durchgeführt und ein Widerspruchsbescheid erlassen worden, so ist auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung abzustellen. Damit sind gfs. während des Widerspruchsverfahrens eingetretene Änderungen der Verhältnisse zu berücksichtigen.
2. Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt werden, wenn der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist nicht nachgekommen ist.
3. Seiner gesetzlichen Hinweispflicht kommt der Grundsicherungsträger nicht schon dann nach, wenn er den Betroffenen über den wesentlichen Inhalt des Gesetzestextes unterrichtet. Der Hinweis muss unmissverständlich auf den Fall des Antragstellers bezogen sein. Daher muss der schriftliche Hinweis des Leistungsträgers Ausführungen darüber enthalten, auf Grund welcher Umstände im Einzelnen er das Tatbestandsmerkmal der Weigerung ohne triftigen Grund gerade in seinem Fall für gegeben hält. Hat der Antragsteller Weigerungsgründe bereits genannt, die der Leistungsträger nicht für triftig hält, so ist dieser zunächst verpflichtet, dem Antragsteller die Umstände hierfür darzulegen.
Normenkette
SGB I § 66 Abs. 3, 1 S. 1, § 67; SGG § 103 S. 1
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.11.2013 geändert. Dem Kläger wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe ab dem 07.06.2013 ohne Kostenbeteiligung bewilligt und Rechtsanwalt E, D, beigeordnet.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrages auf Prozesskostenhilfe für ein Verfahren, mit dem er sich zum einen gegen die Versagung von Grundsicherungsleistungen wendet und zum anderen deren Gewährung begehrt.
Am 03.12.2012 beantragte er über seinen Prozessbevollmächtigten bei dem Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 05.12.2012 forderte der Beklagte ihn auf, mit allen zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen persönlich vorstellig zu werden und die relevanten Unterlagen vorzulegen. Andernfalls könnten die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagt werden.
Mit Schreiben vom 14.12.2012 bat der Prozessbevollmächtigte um Benennung der erforderlichen Unterlagen und kündigte an, diese nachzureichen. Er wies zudem darauf hin, dass der Ehefrau des Klägers eine persönliche Vorsprache aufgrund ihrer Selbständigkeit innerhalb der Geschäftszeiten nur schwer möglich sei. Es würde auch kein Rechtsanspruch hierauf gesehen. Sollte der Beklagte anderer Ansicht sein, so werde um Benennung der einschlägigen Normen gebeten.
Mit Schreiben vom 19.12.2012 forderte der Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 08.01.2013 zur Vorlage mehrerer genau bezeichneter Unterlagen sowie erneut zur persönlichen Vorsprache auf. Hierfür könne ein Termin außerhalb der Geschäftszeiten vereinbart werden.
Mit Bescheid vom 11.01.2013 versagte der Beklagte die Leistungen ab dem 01.11.2012. Der Kläger habe die erforderlichen Unterlagen und Nachweise nicht vorgelegt.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.01.2013 Widerspruch und reichte mit Schreiben vom 01.04.2013 verschiedene Unterlagen nach. Zudem wies er darauf hin, dass er keine Kontoauszüge über ein eigenes Konto vorlegen könne, da er ein solches nicht besitze. Es existiere nur das Geschäftskonto seiner Ehefrau. Dies dürfe jedoch aufgrund der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen mit seinem Antrag nichts zu tun haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.04.2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Trotz mehrfacher Aufforderung habe der Kläger bisher keinen Termin zur persönlichen Vorsprache vereinbart.
Hiergegen hat der Kläger am 17.05.2013 Klage erhoben und gleichzeitig die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Seine Ehefrau habe mehrfach telefonisch versucht, einen Termin bei dem Beklagten zu vereinbaren. Dies sei jedoch vergeblich gewesen. Auch ein zugesagter Rückruf sei nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom 25.11.2013 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Grundsicherungsleistungen begehre, sei die Klage unzulässig. Gegen einen Versagungsbescheid sei grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage statthaft. Auch insoweit sei die Klage jedoch unbegründet. Der Kläger habe jedenfalls die erforderlichen Kontoauszüge über das Geschäftskonto seiner Ehefrau nicht vorgelegt und damit gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 23.12.2013 eingelegten B...