Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht eines jeden Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft zur Rückzahlung eines vom Grundsicherungsträger den Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft bewilligten Darlehens
Orientierungssatz
1. Nach § 42a Abs. 1 S. 3 SGB 2 trifft die Rückzahlungsverpflichtung bei Gewährung eines Darlehens durch den Grundsicherungsträger die Darlehensnehmer als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Nach § 38 Abs. 1 SGB 2 wird vermutet, dass der Leistungsberechtigte bevollmächtigt ist, Leistungen nach dem SGB 2 auch für die mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zu beantragen und entgegenzunehmen.
2. Zu den Leistungen des SGB 2 gehören auch die nach § 24 Abs. 1 SGB 2 darlehensweise bewilligten Leistungen.
3. Ist ein Darlehen an mehrere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vergeben worden, so haften diese als Gesamtschuldner i. S. des § 421 BGB. Infolgedessen bleibt jedes Mitglied bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens zur Rückzahlung verpflichtet.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.12.2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das gegen die Aufrechnung aufgrund eines Darlehens gerichtet ist.
Die am00.00.1998 geborene Klägerin ist verheiratet und hat drei Kinder. Sie bezieht aufstockend zu dem Einkommen (zeitweise Krankengeld/Überbrückungsgeld) ihres Ehemanns, Eltern- und Kindergeld Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 06.01.2020 beantragte der Ehemann der Klägerin ein Darlehen für Möbel für die fünfköpfige Bedarfsgemeinschaft iHv 1.800 EUR. Der Bedarfsermittlungsdienst stellte bei einer Wohnungsbegehung am 06.02.2020, bei der allein die Klägerin anwesend war, einen entsprechenden Bedarf fest.
Am 04.03.2020 sprach der Ehemann der Klägerin bei dem Beklagten vor und erklärte sich mit einer Darlehensleistung iHv 2.555 EUR und eine monatliche Aufrechnungsrate von 77,80 EUR einverstanden. Er unterschrieb eine entsprechende Verhandlungsniederschrift.
Mit Bescheid vom 04.03.2020 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann ein Darlehen über 2.555 EUR und kündigte die Aufrechnung mit den laufenden Leistungen der Klägerin und ihres Ehemanns ab dem 01.04.2020 iHv monatlich 77,80 EUR (2 x 38,90 EUR) an.
Gegen die Darlehensbewilligung und Aufrechnung legte die Klägerin am 06.04.2020 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2020 zurückwies.
Hiergegen hat die Klägerin am 31.07.2020 Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit Beschluss vom 18.12.2020 hat das Sozialgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Der Beklagte habe das ihm zustehende Ermessen hinsichtlich der Frage, an wen sie ein Darlehen vergibt, dahingehend ausgeübt, dass er das Darlehen auch an die Klägerin vergeben hat. Dies sei nicht zu beanstanden, da das Darlehen den Bedarf der gesamten Bedarfsgemeinschaft decken soll. Darüber hinaus habe der Beklagte aufgrund der Vermutungsregel des § 38 Abs. 1 SGB II davon ausgehen dürfen, dass der Ehemann auch ein Darlehen für die Klägerin beantragen wollte. Vor diesem Hintergrund sei auch die an die Klägerin gerichtete Aufrechnungserklärung nicht zu beanstanden.
Gegen den Beschluss hat die Klägerin am 11.01.2021 Beschwerde eingelegt. Wie das BSG am 18.11.2014 zu § 22 Abs. 5 SGB II a.F. (jetzt § 22 Abs. 8 SGB II) entschieden habe, könne eine Darlehenstilgung nur gegen die tatsächlich zivilrechtlich verpflichteten Leistungsbezieher gerichtet werden. Die Klägerin habe kein Darlehen beantragt. Der Bescheid vom 04.03.2020 sei auch nicht hinreichend individualisiert und bestimmt, da nicht klar werde, in welcher Höhe die Klägerin einzustehen habe. Die Tilgungsdauer von mindestens 33 Monaten sei zudem verfassungsmäßig bedenklich.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren, weil ihre Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Ein Rechtsschutzbegehren hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen Rechtsfrage abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Schwierige, bislang ungeklärte Rechtsfragen dürfen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Prozesskostenhilfe ist auch zu bewilligen, wenn in der Hauptsache eine Beweisaufnah...