Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht

 

Orientierungssatz

1. Von der Rundfunkgebührenpflicht wird derjenige Schwerbehinderte befreit, der gehörlos ist oder dem eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfe nicht möglich ist. Die Voraussetzungen liegen dann vor, wenn an beiden Ohren mindestens eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit oder hochgradige Innenohrschwerhörigkeit vorliegt und hierfür ein GdB von wenigstens 50 anzusetzen ist.

2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens RF sind erst dann gegeben, wenn der Schwerbehinderte in einem solchen Maß eingeschränkt ist, dass er praktisch von der Teilnahme am öffentlichen Gemeinschaftsleben ausgeschlossen und an das Haus gebunden ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 06.05.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht" ("RF").

Bei dem im Jahre 1937 geborenen Kläger stellte die Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 27.09.2010 einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 fest.

Im Dezember 2010 beantragte der Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens "RF". Die Beklagte holte einen Behandlungs- und Befundbericht des Hals-Nasen-Ohren-Arztes Dr. L ein, der einen Hörverlust beidseits bescheinigte. Unter Zugrundelegung dieser Befunde lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.01.2011 den Antrag auf Feststellung des begehrten Nachteilsausgleichs ab. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, wegen der bei ihm bestehenden Schwerhörigkeit müsse ihm der begehrte Nachteilsausgleich zuerkannt werden. Den Widerspruch wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheid vom 04.02.2011mit der Begründung zurück, der beim Kläger festzustellende GdB für die Hörbehinderung erreiche noch nicht den erforderlichen Wert von mindestens 50.

Hiergegen hat der Kläger am 16.02.2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Aachen erhoben. Er hat weiterhin die Ansicht vertreten, aufgrund des ihm vom behandelnden HNO-Arzt Dr. L bescheinigten 50-prozentigen Hörverlustes seien die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "RF" erfüllt.

Das SG hat zur Feststellung des Hörvermögens des Klägers einen Behandlungs- und Befundbericht von Dr. L vom 31.03.2011 eingeholt. Dieser hat bezüglich des Hörvermögens eine Innenohrschwerhörigkeit rechts mehr als links diagnostiziert und den prozentualen Hörverlust nach einem am 18.03.2009 erstellten Sprachaudiogramm beidseits mit ca. 50 beschrieben. Den GdB wegen der Hörminderung hat er mit 30 angenommen.

Mit Urteil vom 06.05.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen der als Grundlage für den geltend gemachten Nachteilsausgleich zu prüfenden Vorschrift des § 69 Abs 4 des 9. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX) iVm § 6 Abs 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages seien nicht erfüllt. Hiernach würden gemäß § 6 Abs 1 Nr 7 b hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfe nicht möglich ist, auf Antrag von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Diese Voraussetzungen lägen dann vor, wenn an beiden Ohren mindestens eine hochgradige kombinierte Schwerhörigkeit oder hochgradige Innenohrschwerhörigkeit vorliege und hierfür ein GdB von wenigstens 50 anzusetzen sei. Nach den Feststellungen des den Kläger behandelnden HNO-Arztes Dr. L betrage der beim Kläger vorliegende prozentuale Hörverlust beiderseits ca. 50 %. Damit sei der alleine aufgrund der Minderung des Hörvermögens anzunehmende GdB mit 30 in Ansatz zu bringen. Ein GdB von wenigstens 50 aufgrund einer Hörminderung liege beim Kläger damit nicht vor. Da Dr. L in seinem Befundbericht zudem darlege, dass der Kläger nicht ständig an die Wohnung gebunden sei und zumindest unter Benutzung eines Rollstuhls noch dazu in der Lage sei, in nennenswertem Umfang an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen, seien auch unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen für den geltend gemachten Nachteilsausgleich nicht erfüllt.

Gegen das am 19.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.06.2011 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Klageverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.05.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 04.02.2011 zu verurteilen, bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" festzustellen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtenen Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten ...

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