Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Bestimmung des Streitwerts in einem vertragsärztlichen Honorarverfahren. wirtschaftliches Interesse maßgebend. Berücksichtigung des Klagevorbringens. Rechtsstreit über die Zuerkennung der Erhöhung des Regelleistungsvolumens bzw qualifikationsgebundener Zusatzvolumina. Rechtsschutzziel: Gewinnoptimierung. kein Abzug von Praxis- oder Sachkosten
Orientierungssatz
1. Maßgeblich für den Streitwert ist grundsätzlich das wirtschaftliche Interesse des Klägers am Ausgang des Verfahrens. Ergibt sich aus dem Antrag des Klägers allein noch nicht, welches wirtschaftliche Interesse er mit der Klage verfolgt, ist ergänzend das Klagevorbringen heranzuziehen.
2. Macht ein Vertragsarzt mit seiner Klage die Zuerkennung einer Erhöhung des Regelleistungsvolumens bzw qualifikationsgebundener Zusatzvolumina für mehrere Quartale wegen Praxisbesonderheiten geltend und geht es ihm dabei ausschließlich um ein höheres Honorar zwecks Gewinnoptimierung, kommt ein Abzug von Praxis- oder Sachkosten nicht in Betracht. Beide Kostenanteile fallen ungeachtet des Streits um die Erhöhung des Regelleistungsvolumens oder qualifikationsgebundener Zusatzvolumina an und werden durch den unstreitigen Teil der Vergütung gedeckt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerbevollmächtigten wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 04.03.2016 abgeändert. Der Streitwert wird auf 280.000,00 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Streitig ist der für das Verfahren des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf - S 14 KA 640/12 - festzusetzende Streitwert. In der Hauptsache stritten die Beteiligten über die Zuerkennung einer Erhöhung des Regelleistungsvolumens bzw. über qualifikationsgebundene Zusatzvolumina aufgrund von Praxisbesonderheiten für die Quartale I/2009 ff. Das Verfahren endete mit klageabweisendem Urteil des SG vom 26.08.2015. Anschließend hat das SG den Streitwert mit Beschluss vom 04.03.2016 auf 20.000,00 EUR festgesetzt und ausgeführt: Der geltend gemachte Anspruch sei nicht bezifferbar. Die Anspruchsgrundlagen, auf die die Klägerin sich gestützt habe (§ 6 Abs. 1b und Abs. 3 Honorarverteilungsvertrag) gewährten keinen Anspruch auf eine bestimmte Erhöhung des Regelleistungsvolumens bzw. der qualifikationsgebundene Zusatzvolumina, sondern nur auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerbevollmächtigten.
II. Zur Entscheidung über eine Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts in den Fällen des § 155 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) grundsätzlich der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Auflage, 2014, § 1 Rdn. 47 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 2. KostRModG, S. 373; Senat, Beschlüsse vom 01.06.2016 - L 11 KA 23/16 B - und 06.06.2016 - L 11 KR 301/16 B -; Landessozialgericht (LSG) Sachsen, Beschlüsse vom 09.06.2008 - L 1 B 351/07 KR - und 20.05.2016 - L 1 KA 10/16 B -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.02.2015 - L 9 KA 7/14 B -). Allerdings ergibt sich hier aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Angelegenheit die Zuständigkeit des Senats (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie wurde form- und fristgerecht erhoben (§ 197a SGG i.V.m. §§ 68, 63 Abs. 2 GKG). Dabei steht den Klägerbevollmächtigten ein eigenes Beschwerderecht zu (§ 32 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG); vgl. auch Senat, Beschluss vom 27.08.2014 - L 11 KA 27/14 B -). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 1 GKG). Nach § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwerts nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (ständige Rechtsprechung des Senats, Beschlüsse vom 15.04.2015 - L 11 KA 107/14 B - und 26.03.2012 - L 11 KR 134/11 B - sowie vom 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -). Nicht entscheidend ist somit, ob die möglichen Anspruchsgrundlagen für das Klagebegehren eine gebundene oder - wie hier - nur eine Ermessensentscheidung des Beklagten vorschreiben. Vorliegend hat die Klägerin begehrt, "den Bescheid der Beklagten vom 29.06.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtserfassung des Gerichtes neu zu bescheiden". Aus diesem Antrag allein ergibt sich noch nicht, welches wirtschaftliche Interesse die Klägerin mit der Klage verfolgte. Heranzuziehen ist daher ergänzend das Klagevorbringen. Danach ging es der Klägerin um "die Zuerkennung einer Erhöhung des Regelleistungsvolumens bzw. qualifikationsgebundener Zusatzvolumina für die Quartal...