Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Wege des einstweiligen Rechtschutzes ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes erforderlich.

2. Voraussetzung für einen Leistungsanspruch nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB 2 ist die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers i. S. von § 9 Abs. 1 SGB 2.

3. Sind beweiskräftige Unterlagen zur geltend gemachten Hilfebedürftigkeit nicht vorhanden, so hat der Antragsteller eine eigene Sachdarstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu geben und deren Richtigkeit an Eides Statt zu versichern.

4. In Bezug auf die Corona-Pandemie trifft § 67 Abs. 2 SGB 2 hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit lediglich eine Regelung für vorhandenes Vermögen, nicht jedoch für in Frage stehendes Einkommen.

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 26.11.2020 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die vorläufige Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01.09.2020.

Die am 00.00.1966 geborene Antragstellerin bewohnt eine Mietwohnung in I und unterhält daneben, ebenfalls in I, Praxisräume für ihre Tätigkeit als Heilpraktikerin. Die Bruttowarmmiete für die von ihr bewohnte Wohnung beträgt monatlich 508,76 Euro und die Pacht für die Praxisräume monatlich 475,00 Euro.

Die Antragstellerin bezog ausweislich der Bewilligungsbescheide vom 17.12.2019 (für den Monat Januar 2020) und 07.02.2020 (für den Monat Februar 2020) bis zum 29.02.2020 laufende Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs in Höhe von 432,00 Euro, des Mehrbedarfs für Warmwassererzeugung in Höhe von 9,94 Euro sowie der Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 427,19 Euro vom Antragsgegner. Nachdem dieser sie mit Schreiben vom 14.01.2020, 31.01.2020 und 11.02.2020 vergeblich zur Vorlage zahlreicher Unterlagen zur Darlegung ihrer Einkommen- und Vermögensverhältnisse aufgefordert hatte, versagte der Antragsgegner ihr mit Bescheid vom 09.03.2020 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab dem 01.03.2020.

Das von der Antragstellerin daraufhin beim Sozialgericht Dortmund unter dem gerichtlichen Aktenzeichen S 29 AS 920/20 ER geführte Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wurde rechtskräftig durch Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19.08.2020 für den Zeitraum vom 02.03.2020 bis zum 31.08.2020 abgelehnt (Az.: L 19 AS 759/20 B ER). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für den Monat März 2020 keine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht worden sei. In Bezug auf die begehrten Leistungen für Unterkunft und Heizung fehle es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, denn eine Gefährdung der Wohnung der Antragstellerin sei nicht dargelegt worden. Hinsichtlich der Leistungen für die Monate April bis August 2020 sei der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig, da die Antragstellerin diesen auf den Monat März 2020 beschränkt habe.

Mit Schreiben vom 27.07.2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 29.07.2020, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab Juli 2020. Dem Antrag fügte sie neben dem Formular "Vereinfachter Antrag für Bewilligungszeiträume mit Beginn vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020" auch die "Anlage zur vorläufigen Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb oder Land- oder Forstwirtschaft für Bewilligungszeiträume mit Beginn vom 01.03.2020 bis zum 30.09.2020" bei. Hierin gab sie an, eine Praxis für Alternative Medizin in I zu betreiben. Die geschätzten Betriebseinnahmen lägen im Juli 2020 bei 40,00 Euro, von August 2020 bis Oktober 2020 bei 50,00 Euro, im November 2020 bei 70,00 Euro und im Dezember bei 80,00 Euro. Dem stünden in diesem Zeitraum geschätzte Betriebsausgaben in Höhe von monatlich 630,00 Euro gegenüber. Ausweislich des ebenfalls eingereichten Bescheids der Bezirksregierung Düsseldorf vom 30.03.2020 erhielt sie aus dem Soforthilfeprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 53 Landeshaushaltsordnung in Verbindung mit dem Bundesprogramm "Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Soloselbständige" eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro als einmalige Pauschale. Dieser Bescheid wurde jedoch mit Bescheid der Bezirksregierung B vom 21.09.2020 nach § 48 in Verbindung mit § 49 a Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vollständig zurück genommen und die Erstattung von 9.000,00 Euro geltend gemacht, da bereits vor dem 01.03.2020 ein Finanzierungsengpass in Bezug auf das Gewerbe der Antragstellerin bestanden habe. Hiergegen ist nach Auskunft der An...

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