Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Schulden für die Unterbringung in einem Pflegeheim durch den Sozialhilfeträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Eine Übernahme von Schulden für die Unterbringung in einem Pflegeheim nach § 36 Abs. 1 SGB 12 im Rahmen der sonstigen Leistungen zur Sicherung der Unterkunft kommt dann in Betracht, wenn damit die Unterkunft gesichert oder eine vergleichbare Notlage behoben werden kann.
2. Erforderlich ist hierzu das Bestehen einer hinreichend konkreten Gefährdungslage. Daran fehlt es, wenn der Heimvertrag vom Pflegeheim zwar gekündigt ist, der Heimträger aber seit nahezu einem Jahr zur Durchsetzung seiner Kündigung nichts unternommen hat und die laufenden Heimkosten gedeckt sind.
3. Zur Übernahme der Schulden durch den Sozialhilfeträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist u. a. die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes erforderlich. Dieser setzt voraus, dass es nach einer an den Umständen des Falles orientierten Interessenabwägung für den Betroffenen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
4. Solange die laufenden Kosten der Heimunterbringung gedeckt sind und Obdachlosigkeit nicht konkret droht, fehlt es an der Glaubhaftmachung des für die Gewährung von Eilrechtsschutz erforderlichen Anordnungsgrundes.
Normenkette
SGB XII § 36 Abs. 1 Sätze 1-2; SGG § 86b Abs. 2 Sätze 2, 4, § 73a Abs. 1 S. 1; ZPO § 920 Abs. 2, § 114 Abs. 1 S. 1, § 127 Abs. 4
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 14.10.2013 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt U aus D wird abgelehnt.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von Schulden, die ihr aufgrund der Nichtzahlung von Pflegekosten für ihre Unterbringung in einem Pflegeheim entstanden sind.
Die 1936 geborene Antragstellerin ist verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei in den Jahren 1959 bzw. 1968 geborene Kinder hervor. Die Antragstellerin und ihr 1933 geborener Ehemann beziehen jeweils Altersrenten aus der Gesetzlichen Rentenversicherung. Die Altersrente der Antragstellerin beträgt weniger als 100,00 EUR monatlich. Ihr Ehemann erhielt seit Juli 2010 monatliche Rentenzahlungen i.H.v. 1.610,26 EUR. An Vermögenswerten waren im Februar 2011 geringe Bestände auf einem Giro- und einem Sparkonto vorhanden. Außerdem verfügen die Antragstellerin und ihr Ehemann jeweils über einen Bestattungsvorsorgevertrag. Die Gesamtsumme dieser Verträge beläuft sich auf 7.001,76 EUR (2 x 3.500,88 EUR). Der Ehemann der Antragstellerin ist Eigentümer eines PKW (Opel Astra F).
Aus einem (vorläufigen) Entlassungsbericht des Klinikums für Neurologie des Evangelischen Krankenhauses D vom 03.03.2011 geht hervor, dass die Antragstellerin unter folgenden Gesundheitsstörungen leidet, die eine medikamentöse Therapie erfordern: Motoneuron-Krankheit, Z.n. rechtshirnigem Infarkt mit spastischer Hemiparese links, vaskuläre Demenz, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 und Hypercholesterinämie. Die Antragstellerin war in der Vergangenheit pflegebedürftig im Umfang der Pflegestufe I nach den Vorgaben des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Ab März 2011 wurde sie der Pflegestufe II zugeordnet.
Seit dem 04.02.2011 ist die Antragstellerin stationär im K-haus Altenheim in D untergebracht, welches in der Trägerschaft des Vereins katholischer Altenhilfeeinrichtungen im Erzbistum Q e.V. steht. Zuvor wohnte sie mit ihrem Ehemann in einer Mietwohnung, in der dieser heute noch lebt, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.
Die anfallenden Heimpflegekosten konnten in der Vergangenheit durch die Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung (nach der Pflegestufe I bzw. nach der Pflegestufe II) sowie das von dem Beklagten ab dem Zeitpunkt der Heimaufnahme durchgehend bewilligte Pflegewohngeld gemäß § 12 Landespflegegesetz NRW nicht vollständig gedeckt werden.
Vor diesem Hintergrund bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin auf ihren Antrag vom 20.01.2011 ebenfalls seit dem Zeitpunkt der Heimaufnahme laufend ergänzende Leistungen der Hilfe zur Pflege sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten bzw. Sechsten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Dabei ging der Antragsgegner davon aus, dass einsatzpflichtiges Vermögen der Antragstellerin und ihres Ehemannes nicht zur Verfügung stehe. Allerdings forderte er aus dem Einkommen einen Kostenbeitrag zur Deckung der Heimpflegekosten. Dieser belief sich auf 178,57 EUR (für den Monat Februar 2011) bzw. 200,00 EUR (für die Zeit ab März 2011). Diesen Kostenbeitrag führten die Antragstellerin bzw. ihr Ehemann in der geforderten Höhe laufend an das Pflegeheim ab.
Ab Juli 2011 erhöhte der Antrag...