Entscheidungsstichwort (Thema)
Unpfändbarkeit der vertragsärztlichen Zulassung bzw. des Anspruchs auf Verlegung des Vertragsarztsitzes
Orientierungssatz
1. Im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Prozessverfahren nach § 240 ZPO unterbrochen. Erforderlich ist, dass die Insolvenzmasse betroffen ist.
2. Ist Verfahrensgegenstand der durch ein Gericht fingierte Antrag auf Verlegung des Vertragsarztsitzes, so tritt eine Unterbrechung nicht ein. Weder die vertragsärztliche Zulassung noch der hieraus abgeleitete Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes nach § 24 Ärzte-ZV fällt in die Insolvenzmasse, weil dieser nicht pfändbar und damit nicht der Insolvenzmasse zurechenbar ist. Nur der zivilrechtliche Vermögenswert einer Arztpraxis kann Teil der Insolvenzmasse werden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.08.2016 wird verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen anhängig gemachten Klage S 16 KA 7/16, die auf Aufhebung des Bescheides des Antragsgegners vom 18.05.2016 gerichtet ist. Mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Münster vom 15.03.2016 zurückgewiesen und die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet.
Der Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Nephrologie. Er war seit Mitte 1992 zur vertragsärztlichen Versorgung in der X Straße 00, D, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und hatte einen Versorgungsauftrag zur Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten nach Anlage 9.1 des Bundesmantelvertrags für Ärzte. Bis zum 31.03.2002 bestand eine Gemeinschaftspraxis. Vom 01.04.2002 bis zum 31.07.2002 betrieb der Antragsteller eine Einzelpraxis. Mit Wirkung zum 01.08.2002 gründete er eine bis zum 31.12.2009 bestehende Gemeinschaftspraxis mit Dr. I. Anschließend war er bis zum 18.08.2010 in Einzelpraxis tätig. Ab dem 18.08.2010 wird die Praxis von einer aus dem Antragsteller und Dr. U bestehenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) geführt.
Der Antragsteller wurde durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichtes (OLG) Hamm vom 04.02.2016 - 1-17 U 84/14 - zur Abgabe einer Willenserklärung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung (KVWL) wie folgt verpflichtet:
"An den Zulassungsausschuss für den Regierungsbezirk Münster, Robert-Schimrigk-Str. 4-6, 44741 Dortmund
Betrifft: Verlegung des Vertragsarztsitzes
Hiermit beantrage ich, X I, meinen Vertragsarztsitz vom Standort X Str. 00 in D an den Standort D, C-str. 00 zu verlegen.
Begründung:
Mit Wirkung zum 01.01.2014 hat der Zulassungsausschuss gestattet, den Vertragsarztsitz von dem Standort C-str. 00 an den Standort X Str. 00 in D zu verlegen. Mit Urteil vom 25.02.2014 hat das Landgericht E unter dem Az: 25 O 00/00 entschieden, dass ich, X I, verpflichtet bin, den mit der Verfügungsklägerin (W GmbH) abgeschlossenen Kooperationsvertrag zum Betrieb einer ausgelagerten Praxisstätte in Form eines Dialysezentrums in der C-str. 00, D zu erfüllen und fortzuführen.
Um der Entscheidung des Landgerichts E nachzukommen, ist es erforderlich, den Vertragsarztsitz an den alten Standort C-str. 00 zu verlegen. Nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV hat der Zulassungsausschuss die Verlegung zu genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen. Derartige Gründe sind nicht ersichtlich, da ich meine Praxis bis zum 31.12.2013 an dem Verlegungsstandort geführt habe und dort alle sachlichen und personellen Einrichtungen zur Sicherstellung der Versorgung vorhanden sind.
X I"
Das Urteil wurde dem Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen am 02.03.2016 förmlich zugestellt. Hierauf genehmigte der Zulassungsausschuss am 15.03.2016 die beantragte "Verlegung des Vertragsarztsitzes des Herrn X I als Arzt (fachärztlich) von D, X Straße 00, nach D, C-straße 00, mit Wirkung vom 16.03.2016".
Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Beschluss vom 18.05.2016 zurück. Gleichzeitig ordnete er die sofortige Vollziehung an.
Unter dem 20.06.2016 hat der Antragsteller gegen den Beschluss des Antragsgegners Klage vor dem SG Gelsenkirchen erhoben und am 21.06.2016 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat vorgetragen, die fraglichen Räumlichkeiten nicht nutzen zu können. In der C-straße 00 in D sei die frühere Dialysepraxis der BAG gewesen. Nach Beendigung der Dialyse-Tätigkeit befände sich dort unter anderem eine Zahnarztpraxis. Zum Betrieb der Dialyse seien die Räumlichkeiten nicht geeignet; insbesondere seien die erforderlichen Elektro- und Wasserbereiche nicht mehr vorhanden. Daher sei es unmöglich, die durch Urteil des OLG Hamm fingierte Willenserklärung zu realisieren. Im Übrigen habe...