Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen des Sonderbedarfs
Orientierungssatz
1. Mit der Regelung in § 101 Abs. 1 SGB 5 will der Gesetzgeber in überversorgten Gebieten abweichend von § 103 SGB 5 zusätzliche Vertragsarztsitze in Ausnahmefällen zulassen, soweit diese zur Wahrung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich ist.
2. Die Zulassungsgremien haben hierbei keinen Ermessensspielraum. Sind die Voraussetzungen der Sonderbedarfszulassung erfüllt, besteht ein Anspruch auf Zulassung.
3. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des den Zulassungsinstanzen zustehenden Beurteilungsspielraumes darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zu Grunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs gegebenen Grenzen eingehalten hat, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 13.01.2009 abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Beschluss des Antragsgegners vom 26.11.2008 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner und der Beigeladene zu 8) tragen die Kosten des Verfahrens zu je ½ als Gesamtschuldner.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsgegner zu Recht mit Beschluss vom 26.11.2008 die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung, den Beigeladenen zu 8) im Rahmen des Sonderbedarfs zur vertragsärztlichen Versorgung zuzulassen, angeordnet hat. Das Hauptsacheverfahren ist zum Az. S 19 KA 17/08 beim Sozialgericht (SG) Duisburg anhängig.
Durch Beschluss vom 06.08.2008 ließ der Zulassungsausschuss für Ärzte Düsseldorf den Beigeladenen zu 8) mit Wirkung vom 07.08.2008 als Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie "zur Erbringung kardiologischer Leistungen im Rahmen des Sonderbedarfs" zur vertragsärztlichen Versorgung mit dem Vertragsarztsitz in 40000 E, H-Allee 0, zur vertragsärztlichen Versorgung mit der Auflage zu, bei Rechtskraft des Beschlusses auf die bestehende Ermächtigung zu verzichten. Zugleich lehnte der Zulassungsausschuss die Anträge des Antragstellers und des Beigeladenen zu 9) ab. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss u.a. aus, bei der Bewerberauswahl seien die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen und nicht das Datum der Antragstellung. Ausgehend hiervon sei der Beigeladene zu 9) der geeignete Nachfolger für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz. Ein Bedarf sei gegeben. Dieser sei offensichtlich und folge aus den von allen Bewerbern geschilderten langen Wartezeiten von vier bis sechs Monaten und dem zunehmenden Mangel in der Versorgung akuter kardiologischer Problempatienten.
Der Antragsteller und der Beigeladene zu 9) haben diese Entscheidung mittels Widerspruch angegriffen. Der Antragsteller hat vorgetragen: Der Zulassungsausschuss habe es fehlerhaft unterlassen, im Rahmen der gebotenen Bedarfsprüfung festzustellen, ob aufgrund des geltend gemachten besonderen Versorgungsbedarfs eine kumulative Sonderbedarfszulassung geboten sei. In diesem Sinne sei auch die lokale Versorgungsstruktur im Planungsbereich E zu berücksichtigen. Dies gelte insbesondere bei näherer Betrachtung der den Sonderbedarfsanträgen zu Grunde liegenden Standorte der Niederlassung. Die Auswahlentscheidung zu seinem Nachteil sei rechtsfehlerhaft. Er sei im Job-Sharing tätig und daher vorrangig zu berücksichtigen. Jedenfalls bestehe keine Rechtsgrundlage für eine nachrangige Berücksichtigung. Eine gesetzliche Vorgabe zur Verfahrensweise bei gleichzeitiger Vorlage mehrerer inhaltsgleicher Sonderbedarfsanträge existiere nicht. Dies könne als Indiz dafür angesehen werden, dass ein Konkurrenzverhältnis zwischen mehreren Sonderbedarfsanträgen nicht bestehe mit der Folge, dass grundsätzlich - einen bestehenden besonderen Versorgungsbedarf vorausgesetzt - allen anhängigen Sonderbedarfsanträgen stattzugeben sei. Dies gelte erst recht, wenn man die den Sonderbedarfsanträgen zugrundeliegenden Standorte der Niederlassung in die Betrachtung mit einbeziehe, um damit auch der lokalen Versorgung im Versorgungsbereich E Rechnung zu tragen. § 103 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) regele die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich. Diese Konstellation sei im Rahmen der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen nicht gegeben. Eine analoge Anwendung scheide aus. Angesichts dieser Situation sowie wegen der bestehenden Job-Sharing-Zulassung seien die Vorschriften der Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplanungsRL-Ä) betreffend das Zulassungsverfahren nach Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen (§ 23 BedarfsplanungsRL-Ä) in analoger Weise anzuwenden. Nach § 23 Abs. 2 Satz 1...