Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung der mündlichen Verhandlung nach ergangenem Gerichtsbescheid - Rechtsmittel
Orientierungssatz
1. Nach § 105 Abs. 3 SGG gilt mit einem rechtzeitigen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung ein Gerichtsbescheid als nicht ergangen. Für die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung bleibt kein Raum. Wird sowohl ein Rechtsmittel eingelegt als auch mündliche Verhandlung beantragt, so findet nach § 105 Abs. 2 S. 3 SGG die mündliche Verhandlung statt.
2. Entscheidet das Sozialgericht daraufhin durch Urteil, so stehen den Beteiligten die in der Sache statthaften Rechtsmittel zur Verfügung.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.09.2021 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt zuletzt die Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.09.2021, mit dem dieses die Klage der Klägerin gegen den Sanktionsbescheid vom 05.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.01.2021 über die Minderung des Arbeitslosengelds II für Dezember 2020 bis Februar 2021 iHv monatlich 43,20 EUR wegen eines Meldeversäumnisses der Klägerin am 07.10.2020 abgewiesen hat.
Die 1971 geborene Klägerin bezieht fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Seit Mitte 2018 ist die Klägerin krankgeschrieben. Einen Antrag der Klägerin auf Erwerbsminderung lehnte der zuständige Rentenversicherungsträger im Juli 2019 mangels hinreichender Erwerbsminderung ab.
Am 15.09.2020 reichte die Klägerin beim Beklagten eine Bescheinigung ein, wonach sie voraussichtlich bis zum 15.10.2020 arbeitsunfähig sei. Der Beklagte forderte die Klägerin gleichwohl mit Schreiben vom 22.09.2020 auf, zu einem Meldetermin zwecks Besprechung der aktuellen beruflichen Situation beim Beklagten am 07.10.2020,11:30 Uhr, zu erscheinen. In dem Einladungsschreiben wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine einfache Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Entschuldigungsgrund für ein Fernbleiben nicht ausreichend sei. Vielmehr sei, sollte der Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden können, eine Bescheinigung des behandelnden Arztes vorzulegen, aus der hervorgeht, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen gehindert ist, den Termin wahrzunehmen. Sollten für eine solche Bescheinigung Kosten entstehen, würden diese im Umfang von 5,36 EUR übernommen. Für den Fall des Fernbleibens ohne wichtigen Grund wurde die Klägerin über die Möglichkeit einer Sanktion belehrt. Dem Einladungsschreiben war ein Antwortvordruck beigefügt, wonach bei Arbeitsunfähigkeit eine "Wegeunfähigkeitsbescheinigung" beizufügen sei.
Die Klägerin teilte unter dem 05.10.2020 mit, dass dem Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliege, womit die aktuelle berufliche Situation unzweideutig und der Besprechungswunsch des Beklagten zur beruflichen Situation gegenstandslos wäre. Für die Notwendigkeit einer zusätzlichen ärztlichen Bescheinigung werde eine Rechtsgrundlage nicht genannt. Sobald diese vorliege, könne sie sich darum kümmern. Zu dem Meldetermin am 07.10.2020 erschien die Klägerin nicht.
Nach Anhörung der Klägerin, die in ihrer Stellungnahme vom 29.10.2020 die dort angeführte Sanktionsandrohung vor dem Hintergrund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ihres Schreibens vom 05.10.2020 als willkürlich und haltlos bezeichnete, kürzte der Beklagte das Alg II der Klägerin mit Bescheid vom 05.11.2020 wegen eines Meldepflichtverstoßes für Dezember 2020 bis Februar 2021 um monatlich 43,20 EUR (10 % des Regelbedarfs). Einen Widerspruch der Klägerin vom 11.11.2020 hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.01.2021 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.01.2021 Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und ihr Vorbringen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie über ihren früheren Prozessbevollmächtigten geltend gemacht, es habe wegen fortlaufender Arbeitsunfähigkeit kein erkennbarer Meldezweck vorgelegen. Die Rechtsfolgenbelehrung sei zudem unzureichend gewesen.
Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 05.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2020 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01.12.2020 bis 29.02.2020 Leistungen der Sicherung des Lebensunterhalts ohne eine Minderung um 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs zu zahlen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf seine Bescheide Bezug genommen. Das Schreiben der Klägerin vom 29.10.2020 sei dem Beklagten erst am 05.11.2020 zugegangen.
Nach Anhörung und mit Zustimmung der Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 08.09.2021).
Nach Zustellung des Gerichtsbescheides am 10.09.2021 hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin a...