Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweisbarkeit eines Lagerarbeiters bei geltend gemachtem Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs. 1 SGB 6 setzt einen bestehenden Berufsschutz des Versicherten voraus. Nach dem Mehrstufenschema des BSG ist ein Lagerarbeiter in Stufe 4 der ungelernten Arbeiter, allenfalls im unteren Bereich von Stufe 3 der angelernten Arbeiter mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren einzustufen. Damit ist ihm eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar.

2. Liegen zur Beurteilung des Leistungsvermögens des Versicherten mehrere Gutachten vor und hat jeder Sachverständige auf seinem Fachgebiet eine von den vorherigen Gutachten unabhängige Befragung, Untersuchung und Bewertung durchgeführt, so sind alle Gutachten uneingeschränkt zur Urteilsfindung heranzuziehen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.04.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der am 00.00.1959 geborene Kläger absolvierte nach seinen Angaben von September 1976 bis Februar 1978 eine Ausbildung als Heizungs- und Sanitärbauer. Danach übte er nach seinen Angaben diverse Tätigkeiten als Hausmeister, Baumaschinist, Gabelstaplerfahrer und zuletzt (01.08.2000 bis 01.02.2001) als Lagerarbeiter aus.

Am 21.06.2010 beantragte er bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin Dr. N vom 26.11.2010 ein, die den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig erwerbsfähig ansah. Entsprechend wurde der Antrag des Klägers mit Bescheid vom 01.12.2010 abgelehnt. Trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch mindestens 6 Stunden täglich arbeiten, so dass die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben seien. Da dies auch im bisherigen Beruf als ungelernter/angelernter Arbeiter möglich sei, komme eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ebenfalls nicht in Betracht.

Auf den Widerspruch des Klägers vom 22.12.2010 beauftragte die Beklagte den Neurologen und Psychiater Dr. S mit der Erstellung eines weiteren Gutachtens. Ihm angebotene Untersuchungstermine hier nahm der Kläger eben so wenig wahr wie anschließend angebotene Termine bei dessen Fachkollegen Dr. O. Mit Widerspruchsbescheid vom 09.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 22.08.2011 Klage bei dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben und weiter die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente begehrt.

Das SG hat Befundberichte der behandelnden Orthopädin S1 vom 30.12.2011 und des Orthopäden Dr. A vom 03.01.2012 sowie anschließend ein internistisches Gutachten des Dr. L vom 26.11.2012 eingeholt. Dr. L hat

1. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit muskulärer Dysbalance und Fehlhaltung, leichte skoliotische Seitverbiegung, Bandscheibenschädigungen im Lendenwirbelsäulenbereich ohne motorisch neurologische Ausfallserscheinungen, vorbewertet Knochendichteminderung ohne Fraktur.

2. Ein Immundefizit-Syndrom erworben seit 2005, unter entsprechender antiviraler Therapie und derzeit ohne Hinweis auf opportunistische Infektionen oder neurologische Komplikationen.

3. Belastungsbezogene Beschwerden linkes Knie mit geringgradiger Bandinstabilität.

4. Wiederkehrende bronchitische Infekte bei zwischenzeitlich eingestelltem Nikotinabusus.

diagnostiziert. Unter Berücksichtigung der hierdurch bedingten Einschränkungen seien leichte bis zeitweise mittelschwere Tätigkeiten 6 Stunden und mehr möglich, schwere Tätigkeiten unter 3 Stunden. Die Wegstrecke sei nicht eingeschränkt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 18.04.2013 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung oder wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Er sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert (§ 43 SGB VI), da er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Dies ergebe sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Die Kammer schließe sich der sozialmedizinischen Beurteilung des Dr. L an, der nach umfassender körperlicher Untersuchung keine Funktionsbeeinträchtigungen habe feststellen können, die Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers rechtfertigen könnten. Die vorliegenden Leistungseinschränkungen würden nicht dazu führen, den Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen. Weder liege ein sogenannter Katalogfall nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen bzw. eine schwere spezi...

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