Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Hilfe bei Krankheit durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Auf Antrag ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels gegen einen ergangenen Bescheid anzuordnen, wenn bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen. Das ist dann der Fall, wenn entweder die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend begründet wurde oder der Bescheid selbst mit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig ist.
2. Der Leistungsträger des SGB 12 ist verpflichtet, vorläufig Hilfen bei Krankheit zu gewähren, wenn ungeklärt ist, ob der Hilfebedürftige Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen oder der privaten Krankenversicherung hat. Nur dann ist er auf den Selbsthilfegrundsatz verweisbar, wenn er die realisierbare Möglichkeit besitzt, sich in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung gegen Krankheit zu versichern.
3. Der Leistungsträger des SGB 12 ist verpflichtet, den Hilfebedürftigen zur Sicherstellung des Schutzes vor Krankheit einen von diesem auszuwählenden Träger der gesetzlichen Krankenversicherung mit der Leistungserbringung zu beauftragen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 16.07.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 25.06.2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.06.2007 angeordnet wird. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten. Weitergehende Kosten haben die Beteiligten einander auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C T beigeordnet.
Gründe
I.
Der 1938 geborene, wegen Demenz unter Betreuung stehende Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 25.06.2007 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.06.2007, mit dem sie die Gewährung von Hilfen zur Krankheit nach § 48 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) unter Berufung auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung vom 30.06.2007 aufgehoben und den Sofortvollzug dieses Bescheides angeordnet hat.
Der Antragsteller bezog mit unbefristeter Verfügung der Antragsgegnerin vom 01.08.2005 ausschließlich Leistungen nach dem 5. Kapitel des SGB XII ("Hilfen zur Gesundheit"; §§ 47 bis 52 SGB XII). Er ist mit der zu seiner Betreuerin bestellten G T (geb. 1945) verheiratet. Diese bezieht 587,08 Euro Rente, die Rente des Antragstellers aus der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt 636,23 Euro.
Mit Bescheid vom 02.04.2007 nahm die Antragsgegnerin den Bescheid über die Gewährung von Hilfen bei Krankheit nach § 48 SGB XII zunächst mit Wirkung vom 15.04.2007 unter Berufung auf § 48 SGB X ("wesentliche Änderung") zurück und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Rücknahme an, weil seit dem 01.04.2007 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) der Kläger in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig sei und ihm deshalb auf Grund des Nachranggrundsatzes (§ 2 SGB XII) Leistungen nach dem SGB XII nicht mehr zu gewähren seien. Der Antragsteller wurde aufgefordert, bis zum 15.04.2007 einen Antrag auf Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung zu stellen. Die Anordnung des Sofortvollzugs liege im öffentlichen Interesse.
Am 10.04.2007 teilte seine Betreuerin der Antragsgegnerin mit, der Antragsteller könne bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse zu einem Beitrag von 90,98 Euro inklusive der gesetzlichen Pflegeversicherung versichert werden. Dies ergäbe einen Anspruch nach dem SGB XII (3. Kapitel) i.H.v. 27,18 Euro. Am 16.04.2007 teilte die Betreuerin mit, die angegangene landwirtschaftliche Krankenkasse habe die Aufnahme des Antragstellers abgelehnt. Die Beigeladene habe mitgeteilt, der Antragsteller könne sich auch dort nicht versichern.
Der Antragsteller gab zunächst an, er sei zuletzt privat krankenversichert gewesen, bevor ihn die Antragsgegnerin nach § 264 SGB V bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse angemeldet habe. Er sei seit dem 14.12.1991 nicht mehr gesetzlich krankenversichert gewesen. Vielmehr habe wegen der dann aufgenommenen selbstständigen Tätigkeit eine private Krankenversicherung bestanden. Daran, wie lang und bei welcher Versicherung er versichert gewesen sei, könne er sich nicht mehr erinnern. Seine Betreuerin hat hierüber ebenfalls keine Unterlagen, konnte dann aber mitteilen, dass der Antragsteller zuletzt wohl bei der Central Krankenversicherung privat krankenversichert gewesen sei. Die Central Krankenversicherung bewahre ihre Unterlagen aber nur 5 bis 10 Jahre auf. Unterlagen existierten nach deren Auskunft deshalb nicht mehr.
Am 28.04.2007 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie ihn nach § 264 SGB V wieder als Betreuungsfall bei der landwirtschaftlichen Kr...