Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufschiebende Wirkung der Anrufung des Beschwerdeausschusses durch den Vertragsarzt bei Verweigerung der Abschlagszahlung durch die Kassenärztliche Vereinigung
Orientierungssatz
1. Der Anspruch des Vertragsarztes ist zunächst auf die Teilhabe an der vertragsärztlichen Gesamtvergütung beschränkt. Erst mittels des Abrechnungsbescheides konkretisiert sich der Teilnahmeanspruch auf einen Honoraranspruch. Ein dem Vertragsarzt von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) eingeräumter Anspruch auf Abschlagszahlung ist mit seinem Entstehen fällig und zu erfüllen.
2. Grundsätzlich kann die KV das ihren Mitgliedern kraft körperschaftlicher Normsetzungsbefugnis eingeräumte Recht wieder nehmen, sofern höherrangiges Recht nicht verletzt wird. Hat die KV den Vertragsärzten einen Anspruch auf monatliche Abschlagszahlung eingeräumt, so unterliegt deren spätere Einschränkung den Regeln des § 106 Abs. 5 S. 4 SGB 5. Damit hat die Anrufung der Prüfungsstelle wegen der Verweigerung der Abschlagszahlung aufschiebende Wirkung.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 06.04.2006 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darum, ob die Antragsgegnerin berechtigt ist, die monatlichen Abschlagszahlungen infolge eines vom Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein verhängten Regresses um jeweils 10 v.H. zu reduzieren.
Der Antragsteller ist als Arzt für Innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung in B zugelassen. Die Höhe der Vorauszahlung auf das vertragsärztliche Honorar (Abschlagszahlung) belief sich in der Vergangenheit auf monatlich 8.800,00 Euro. Mit Bescheid vom 06.12.2005/16.01.2006 setzte der Prüfungsausschuss einen Verordnungsregress für das Quartal I/02 in Höhe von 2.310,50 Euro fest. Der hiergegen gerichtete Widerspruch ist noch nicht beschieden.
Mit Schreiben vom 09.01.2006 unterrichtete die Antragsgegnerin den Antragsteller darüber, dass angesichts des Regresses die Abschlagszahlung gem. § 11 Abs. 2 des Honorarverteilungsvertrages (HVV) in der ab 01.01.2006 geltenden Fassung reduziert werde. Für den Monat Januar 2006 wurde die Abschlagszahlung des Antragstellers reduziert und 6.500,00 Euro angewiesen.
Der Antragsteller hat beim Sozialgericht (SG) am 06.02.2006 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat vorgetragen, die Regelung des § 11 Abs. 2 HVV sei rechtswidrig. Denn nach § 106 Abs. 5 Satz 4 SGB V habe die Anrufung des Beschwerdeausschusses in Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren aufschiebende Wirkung. Die Kürzung der Abschlagszahlungen bewirke faktisch, dass diese Regelung außer Kraft gesetzt werde. Mit der verringerten Abschlagszahlung sei es ihm nicht möglich, den Praxisbetrieb aufrecht zu erhalten. Die monatlichen Praxis- und Lebenshaltungskosten würden sich auf mehr als 9.500,00 Euro belaufen. Er verfüge nicht über genügend finanzielle Reserven, um die Kürzung der Abschlagszahlungen finanziell auffangen zu können. Das bei der Stadtsparkasse B geführte Praxiskonto weise ein Sollsaldo von 3.321,08 Euro auf.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die monatlichen Abschlagszahlungen an ihn ab dem 01.01.2006 im gleichen Umfang wie bisher, nämlich in Höhe von 8.800,00 Euro monatlich, auszuzahlen und seit dem 01.01.2006 eingehaltene Beträge, die von dieser Summe abweichen, spätestens bis zum 28.02.2006 nach zu erstatten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass kein Anordnungsanspruch gegeben sei. Der Antragsteller habe weder wesentlichen Nachteile noch eine wesentliche Erschwernis bzgl. der Verwirklichung eines Rechts substantiiert dargelegt. Zudem fehle es am Anordnungsgrund. Die Erfolgsaussichten der Hauptsache seien gering. Weder Gesetz noch Bundesmantelverträge sähen einen Anspruch auf Abschlagszahlungen vor. Eine Rechtsgrundlage hierfür finde sich allein im HVV. Darin sei geregelt, dass Abschlagszahlungen in Höhe von bis zu 25 v.H. geleistet werden könnten. Das gelte jedoch nicht, wenn ein Verordnungsregress verhängt worden sei. Es sei bereits mehrfach höchstrichterlich entschieden worden, dass ein Vertragsarzt keinen Anspruch auf ein Honorar in bestimmter Höhe habe.
Mit Beschluss vom 06.04.2006 hat das SG Düsseldorf die Antragsgegnerin verpflichtet, die monatlichen Abschlagszahlungen für die Dauer des Widerspruchsverfahrens gegen den Regressbescheid des Prüfungsausschusses vom 09.01.2006 ohne Kürzungen zu gewähren und bereits einbehaltene Beträge auszuzahlen. Die Verringerung der Abschlagszahlungen auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 HVV sei rechtswidrig. Hierdurch werde gegen höherrangiges Recht verstoßen. Denn § 106 Abs. 5 Satz 4 SGB V bestimme, dass die Anrufung des Beschwerdeausschusses aufschiebende Wirkung habe. Das habe zur Folge, dass die bescheidmäßig festgesetzten Regresse für die Dauer des Widerspruchsverfahrens nicht realisiert werden könnten. W...