Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung. Angemessenheit der Beiträge. Beschränkung der Beiträge auf die Hälfte des Basistarifs in der Krankenversicherung bzw des Höchstbeitrags in der sozialen Pflegeversicherung bei Vollversicherung. keine Übernahme von Beiträgen für eine private Zusatzkrankenversicherung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Kein Anspruch auf Übernahme von Beiträgen für eine private Zusatzkrankenversicherung aus Mitteln der Sozialhilfe.
Orientierungssatz
1. Im Falle einer privaten Vollversicherung sind bei der Bestimmung der Angemessenheit der Beiträge iS von § 32 Abs 5 S 1 SGB 12 die Beitragsbemessungsregeln des § 12 Abs 1c S 4 und 5 VAG sowie des § 110 Abs 2 S 3 und 4 SGB 11 zu beachten (vgl LSG Essen vom 14.11.2013 - L 9 SO 46/13 sowie BSG vom 10.11.2011 - B 8 SO 21/10 R = BSGE 109, 281 = SozR 4-3500 § 32 Nr 1), mit der Folge, dass, was die Krankenversicherung anbetrifft, lediglich die Hälfte des Beitrags für den Basistarif und, was die Pflegeversicherung anbetrifft, die Hälfte des Höchstbeitrags (§110 Abs 1 Nr 2 Buchst e SGB 11) als Bedarf zu berücksichtigen ist (vgl für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende BSG vom 16.10.2012 - B 14 AS 11/12 R = SozR 4-4200 § 26 Nr 3).
2. Da der Basistarif bei einer privaten Krankenvollversicherung (nur) dem Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht (vgl § 12 Abs 1a S 1 VAG), folgt daraus ohne weiteres, dass Beiträge für eine private Zusatzkrankenversicherung, die neben einer gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen wird und ein Leistungsniveau oberhalb des Leistungsniveaus der gesetzlichen Krankenversicherung gewährleistet, grundsätzlich nicht angemessen iS von § 32 Abs 5 S 1 SGB 12 sein können.
3. Auch schwerwiegende Erkrankungen können deshalb nicht dazu führen, dass ein Empfänger von Leistungen nach dem SGB 12 einen über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehenden Schutz aus Steuermitteln erhält.
4. Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung ist ausreichend zur Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Ein Zusatztarif der privaten Krankenversicherung gewährleistet im Wesentlichen lediglich einen höheren Behandlungsstandard.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.06.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Beiträgen für eine private Zusatzkrankenversicherung.
Die im Januar 1948 geborene Klägerin ist bei der Techniker Krankenkasse (TK) freiwillig gesetzlichen kranken- und pflegeversichert. Hierfür hatte sie vom 01.08.2010 bis zum 30.11.2010 monatliche Beiträge in Höhe von 138,40 Euro zu zahlen. Sie schloss zudem eine private Zusatzkrankenversicherung bei der DKV Deutsche Krankenversicherung AG (im Folgenden: DKV) in Gestalt der Ergänzungstarife AM 9 und SM 9 ab. Der Ergänzungstarif AM 9 sieht zusätzliche, die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigende Leistungen für ambulante Heilbehandlungen und zahnärztliche Behandlungen vor, u.a. die Erstattung von die Höchstsätze der Gebührenordnung für Ärzte übersteigenden Aufwendungen, die durch krankheitsbedingte Erschwernisse begründet und nach den Bemessungskriterien der Gebührenordnung angemessen sind. Der Ergänzungstarif SM 9 deckt über dem Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung liegende Aufwendungen bei stationärer Heilbehandlung ab, u.a. Mehrkosten der Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer und wahlärztliche oder belegärztliche Leistungen sowie die Gewährung eines Krankenhaustagegeldes. Aufwendungen für Arznei- und Verbandmittel sind nicht erstattungsfähig. Der monatliche Beitrag für die private Zusatzversicherung betrug im Zeitraum vom 01.08.2010 bis zum 30.11.2010 286,93 Euro.
Die Klägerin leidet u.a. an einer schweren chronisch verlaufenden psychischen Erkrankung und ist nicht in der Lage, drei Stunden und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Sie verfügt weder über Einkommen noch über Vermögen. Sie bezog bis zum 31.08.2010 Leistungen der Sozialhilfe von der Stadt X.
Nach ihrem Umzug nach L bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.08.2010 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII). Mit drei Bescheiden aus September 2010 erfolgte zunächst eine jeweils monatliche Bewilligung von Regelsatz und Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate August bis Oktober 2010 ohne Berücksichtigung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Nachdem die Deutsche Rentenversicherung Bund auf das Ersuchen der Beklagten mit Schreiben vom 08.10.2010 festgestellt hatte, dass die Klägerin zumindest seit dem 31.10.2008 unabhängig von der Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI und es unwahrscheinlich sei, ...