Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Mitwirkungspflichten des Grundsicherungsempfängers bei der Antragstellung. Darlegungspflicht über den Verbleib eines vor Antragstellung festgestellten Vermögens. Zulässigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bei Leistungsversagung wegen Verstoßes gegen die Mitwirkungspflicht. Zulässigkeit eines Datenabgleichs mit dem Bundesamt für Finanzen. Hilfebedürftigkeit. Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen. Objektive Beweislast. Informationelle Selbstbestimmung. Verhältnismäßigkeit. Feststellungsinteresse
Orientierungssatz
1. Hat ein Antragsteller eines Antrags auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende unmittelbar vor der Antragstellung über nicht nur geringfügiges Vermögen verfügt, so scheidet ein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen jedenfalls solange aus, wie er nicht den Verbleib des Vermögens darlegt und durch geeignete Belege nachweist, da insoweit eine Prüfung seiner Bedürftigkeit durch den Sozialleistungsträger nicht möglich ist und er im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zur Darlegung verpflichtet ist.
2. Gegen die in § 52 SGB 2 eingeräumte Befugnis für den Grundsicherungsträger, einen Datenabgleich mit dem Bundesamt für Finanzen vorzunehmen, sind verfassungsrechtliche Bedenken nicht gegeben.
3. Wurde ein Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Sozialleistungsträger abgelehnt, da die gebotene Mitwirkung durch den Antragsteller nicht erfolgte, so ist gegen die Versagung keine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage möglich, sondern allein eine Anfechtung des Ablehnungsbescheides zulässig.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 1 S. 1, §§ 12, 52; SGB I § 66; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Im Streit stehen Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der 1970 geborene Kläger beantragte erstmals am 13.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bis zum 26.05.2005 stand er im Bezug von Arbeitslosengeld I. Zudem erhielt er - zumindest bis Ende 2004 - Wohngeldleistungen.
Bei Antragstellung verneinte der Kläger - wie auch in Anträgen auf Fortzahlung der Leistungen vom 27.10.2005 und 19.04.2006 - das Vorhandensein von Vermögen. Ihm wurden daraufhin bis einschließlich November 2006 Leistungen ohne Berücksichtigung von Vermögen bewilligt.
Aufgrund eines Datenabgleichs gemäß § 52 SGB II (Abgleichszeitraum 3. Quartal 2005) beim Bundesamt für Finanzen erhielt die Beklagte Kenntnis von dem Umstand, dass der Kläger im Jahr 2004 aus Vermögen bei der (früheren) D AG Kapitaleinkünfte in Höhe von 158,00 EUR erzielt hatte.
Mit Schreiben vom 14.02.2006 (Aufforderung zur Mitwirkung nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I)) forderte die Beklagte den Kläger unter anderem auf, Art und Höhe von Vermögen sowie Kapitalerträgen für das Jahr 2005 zu belegen. Sofern das Vermögen nicht mehr vorhanden sei, werde um Vorlage entsprechender Unterlagen über die Auflösung und weitere Verwertung erbeten. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 20.02.2006, er verfüge aktuell über ein Vermögen von 10 EUR zuzüglich Hausrat und gekauften Lebensmitteln, deren Wert er auf circa 35 EUR schätze. Nach Mai 2005 habe er keine Kapitalerträge erzielt. Zu Kapitalerträgen im Jahre 2004 werde er sich nicht äußern, da er in diesem Jahr keine Sozialleistungen bezogen habe. Sofern er jemals Vermögen besessen habe, habe er dies zur Tilgung von Schulden, Anschaffung von Hausrat und zur Lebenshaltung verwendet. Dabei handele es sich um eine Vielzahl kleiner Einzelposten, die er im Einzelnen nicht nachweisen könne.
Die Beklagte forderte den Kläger nachfolgend auf, Nachweise über dessen Vermögen an den Stichtagen 30.06.2004, 31.12.2004 sowie 13.05.2005 vorzulegen. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 06.03.2006, er habe an den genannten Stichtagen kein Vermögen bei der D AG gehabt. Mit Schreiben vom 07.04.2006 teilte er mit, es sei logisch unmöglich, die geforderten Nachweise beizubringen. Seines Wissens habe im Jahr 2004 und später kein Unternehmen mit dem Namen "D AG" existiert. Aus diesem Grund könne er dort auch kein Vermögen gehabt haben. Offensichtlich habe das Bundesamt für Finanzen falsche Daten mitgeteilt. Der Kläger übermittelte eine Antwort-E-Mail der Deutschen Bundesbank, ausweislich derer die D AG mit Sitz in O zum 30.09.2003 ihre Erlaubnisse zurückgegeben und ihre Geschäftstätigkeit eingestellt habe.
Das Sozialgericht (SG) Dortmund wies den Kläger in einem gegen die zwischenzeitliche Zahlungseinstellung von bis zum 31.05.2006 bewilligten Leistungen gerichteten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darauf hin, dass "bei summarischer Prüfung das Ansinnen der Antragsgegnerin, vom Antragsteller die Höhe der früheren Vermögens beziffert und belegt sowie den Verbrauch des Vermögens belegt zu erhalten, bere...