Entscheidungsstichwort (Thema)

Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zur Übernahme von Mietschulden durch einstweiligen Rechtsschutz

 

Orientierungssatz

1. Zur Bewilligung von Grundsicherungsleistungen in Form eines vorläufig tilgungsfreien Darlehens durch einstweiligen Rechtsschutz fehlt es am notwendigen Anordnungsgrund, wenn nicht ersichtlich ist, dass dem Antragsteller gegenwärtig Obdachlosigkeit droht. Das Bestehen der erforderlichen akuten Notlage ist dann nicht glaubhaft gemacht.

2. Ist lediglich die fristlose Kündigung der Wohnung ausgesprochen, aber Räumungsklage noch nicht erhoben, so fehlt es am Anordnungsgrund in Gestalt eines unaufschiebbaren eiligen Regelungsbedürfnisses zur Bewilligung von Kosten der Unterkunft bzw. Übernahme von Mietschulden durch Erlass einer einstweiligen Anordnung.

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 2; SGB II § 22 Abs. 1 S. 1, Abs. 8

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2011, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgemäße sowie statthafte Beschwerde des Antragstellers vom 02.03.2011 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.02.2011 ist unbegründet.

Der Senat nimmt zur Begründung gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes - (SGG) zunächst Bezug auf die für zutreffend erachteten Gründe der angefochtenen Entscheidung. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Die hier begehrte Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt die Glaubhaftmachung des streitigen Rechtsverhältnisses voraus, aus dem der Antragsteller eigene Rechte - insbesondere Leistungsansprüche - ableitet (Anordnungsanspruch). Ferner ist erforderlich, dass die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]).

Dem Begehren des Antragstellers auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen in Form eines vorläufig tilgungsfreien Darlehens in Höhe von 2.028,60 Euro zur Tilgung von Mietschulden in Anwendung des § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II (entspricht § 22 Abs. 5 SGB II a.F.) fehlt es - auch ausweislich des Beschwerdevorbringens - an einem Anordnungsgrund. Deshalb kann die Problematik, ob der Schuldenübernahme für die von dem Antragsteller genutzte Wohnung deren Kostenunangemessenheit (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) entgegensteht und es damit an einem Anordnungsanspruch fehlt, dahingestellt bleiben. Ebenso kann offen bleiben, ob es dem Eilantrag des Antragstellers bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil er vor der Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes keinen ausdrücklichen Antrag auf darlehensweise Schuldenübernahme für die Mietrückstände bei dem Antragsgegner gestellt und damit nicht sämtliche zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft hat, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen, wofür hier allerdings einiges spricht (vgl. hierzu LSG NRW, Beschluss v. 09.09.2009 - L 19 B 205/06 AS -; LSG NRW, Beschluss v. 31.08.2010 - L 19 AS 1106/10 B ER -).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund i.S. des Bestehens einer akuten, gegenwärtig bestehenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung des Gerichts unumgänglich macht, nicht glaubhaft gemacht, weil nach Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass dem Antragsteller gegenwärtig Wohnungs- oder Obdachlosigkeit droht.

Zwar hat der Vermieter des Antragstellers mit Schreiben vom 20.12.2010 die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2010 ausgesprochen und diesen letztmalig mit Anwaltsschreiben vom 16.02.2011 zur Räumung der Wohnung bis 28.02.2011 aufgefordert sowie für den Fall eines ergebnislosen Verstreichens der Frist "ohne weitere Vorankündigung" Räumungsklage bei dem Amtsgericht (AG) C angekündigt. Dass der Vermieter mittlerweile Räumungsklage erhoben hat, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird ...

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