Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert eines Klageverfahrens, mit dem eine Kassenärztliche Vereinigung die Zulassungsentscheidung des Berufungsausschusses anficht
Orientierungssatz
1. Die Höhe des Streitwertes bestimmt sich gemäß §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens. Der Wortlaut stellt allein auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ab.
2. Wendet sich eine Kassenärztliche Vereinigung (KV) mit der Klage gegen eine Entscheidung des Berufungsausschusses, mit der dieser einen Antragsteller zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen hat, so kann deren wirtschaftliches Interesse durch dasjenige des Zugelassenen bestimmt werden, wenn ein eigenes wirtschaftliches Interesse der KV weder ersichtlich ist noch vorgetragen wird.
3. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht mehr von einem Fünf-Jahres-Zeitraum, sondern nur noch von einem Drei-Jahres-Zeitraum auszugehen.
4. Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Streitwert in Höhe des durchschnittlichen Honorars der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten hochgerechnet auf drei Jahre abzüglich der Praxiskosten festzusetzen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beigeladenen zu 7) wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 27.09.2011 abgeändert und der Streitwert für den Rechtsstreit S 7 KA 3/10 auf 135.391,27 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die klägerische Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat im Klageverfahren die Entscheidung des Berufungsausschuss (BA), mit der dieser die Beigeladene zu 7) zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen hat, angefochten.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beigeladene zu 7) gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Aachen vom 27.09.2011, mit dem nach Erledigung der Hauptsache durch Urteil vom 22.07.2011 der Streitwert auf 60.000,00 EUR festgesetzt wurde und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Beschluss des Senats vom 07.09.2009 - L 11 B 6/09 KA ER -. Die übrigen Beteiligten haben zur Sache keine Stellungnahme abgegeben.
II.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde der Beigeladenen zu 7) ist im tenoriertem Umfang begründet.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Die Ausnahmevorschritten der §§ 68 Abs. 2 Satz 7, 66 Abs. 6 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG), wonach über die Streitwertbeschwerde der Einzelrichter entscheidet, sind im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden (vgl. mit ausführlicher Begründung Beschluss des Senats vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -).
Nach §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich die Höhe des Streitwertes nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Streitsache. Maßgebend ist grundsätzlich dessen wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschlüsse vom 26.03.2003 - L 10 B 2/03 KA -, vom 13.08.2003 - L 10 B 10/03 KA ER - und vom 24.02.2006 - L 10 B 21/05 KA -, std. Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse vom 29.08.2011 - L 11 KA 27/11 B - und vom 17.10.2011 - L 11 KA 123/10 -).
In dem von der Beigeladenen zu 7) zur Beschwerdebegründung angeführten Beschluss vom 07.09.2009 - L 11 B 6/09 KA ER - hat der Senat in einem vergleichbaren Verfahren einer KA gegen den BA ausgeführt:
1. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der (KV Nordrhein) am Ausgang des Rechtsstreits ist nicht erkennbar und wird von ihr auch nicht behauptet. Mangels tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung des Streitwertes kann daher insoweit nur auf den Auffangwert von 5.000,00 EUR zurückgegriffen werden (§ 52 Abs. 2 GKG). Andererseits wird das wirtschaftliche Interesse des Beigeladenen zu 8) durch die Höhe der in einem bestimmten Zeitraum zu erzielenden Einnahmen bestimmt (dazu unter 2.) und liegt in Zulassungssachen regelhaft deutlich über dem Auffangwert von 5.000,00 EUR. Nach § 52 Abs. 1 GKG kommt es indessen nicht auf das wirtschaftliche Interesse des Beschwerdegegners oder des Beigeladenen an. Der Wortlaut stellt allein auf die Bedeutung der Sache für den Kläger ab. Außer Betracht bleiben die Auswirkungen der Entscheidung auf andere Beteiligte (Hartmann, Kostengesetz, 2008, § 52 GKG Rdn. 9). Ungeachtet dessen hat das Bundessozialgericht (BSG) hierzu im Hinblick auf Besonderheiten des Leistungserbringerrechts des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) ausgeführt (Beschluss vom 19.06.1992 - 6 RKa 40/93 -):
An der Festsetzung eines besonderen, abweichenden Gegenstandswertes für die Beigeladenen sieht sich der Senat durch § 13 Abs. 1 GKG dennoch nicht gehindert. Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung und Literatur will allerdings im Hinblick auf den Wortlaut und die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift die Bildung unterschiedlicher Streitwerte nur ausnahmsweise für den Fall zulassen, dass sich die rechtliche Betroffenheit eines Beteiligten auf lediglich einen Teil des Stre...