Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Leistungsberechtigung. Nichtgetrenntleben bei Heimunterbringung. einstweiliger Rechtsschutz. Vermögenseinsatz. Lebensversicherung als Schonvermögen. kein Härtefall bei nicht erfolgter Glaubhaftmachung der Zweckbindung für Altersvorsorge
Orientierungssatz
1. Für das Nichtgetrenntleben in § 19 Abs 1 S 2 SGB 12 ist darauf abzustellen, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen den Ehegatten nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist (vgl BVerwG vom 26.1.1995 - 5 C 8.93 = BVerwGE 97, 344 = FEVS 45, 447 und vom 16.3.2006 - 5 B 97/05).
2. Der räumlich getrennte Aufenthalt eines Ehegatten in einem Heim und auch die Auflösung der Wirtschaftsgemeinschaft ist aber nur dann geeignet, ein Getrenntleben zu begründen, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass mindestens einem Ehegatten der Wille zur Fortsetzung einer Lebensgemeinschaft fehlt und er vielmehr den Willen hat, sich auf Dauer zu trennen.
3. Hat der Hilfebedürftige nicht glaubhaft gemacht, dass bei einer bestehenden Lebensversicherung eine Zweckbindung zur Altersvorsorge vorliegt, so kann kein Härtegrund iS des § 90 Abs 3 S 1 bzw S 2 SGB 12 angenommen werden; insoweit können unverbindliche Erwägungen ohne konkrete Dispositionen die Annahme eines entsprechenden Härtegrundes nicht rechtfertigen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 15.03.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Streitig ist die Übernahme von Kosten nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) für eine stationäre Wohnheimunterbringung der Antragstellerin.
Die 1957 geborene Antragstellerin leidet an einer chronischen Schizophrenie mit zönästhetischer Symptomatik sowie einer sekundären Alkoholabhängigkeit bei derzeitiger Abstinenz. Ihr wurde vom Versorgungsamt C ein Grad der Behinderung von 50 zuerkannt. Seit Anfang 1998 wären neben ambulanter Behandlung 17 stationäre Behandlungsmaßnahmen erforderlich.
Ihr Ehemann ist vom Amtsgericht Brakel mit Bestallungsurkunde vom 14.05.2003 für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und Entscheidung über Unterbringungsmaßnahmen zum Betreuer bestellt worden.
Seit dem 06.07.2005 ist sie in der Wohneinrichtung St. B Haus in C1 untergebracht. An monatlichen Einkünften bezieht sie eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von monatlich 748 EUR.
Den Sozialhilfeantrag der Antragstellerin vom 23.05.2005 lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.03.2006 ab. Dem Vermögensfreibetrag von 3.726 EUR stehe verwertbares Vermögen in Höhe von mindestens 45.688,70 EUR gegenüber. Es sei daher sozialhilferechtlich nicht geschütztes Vermögen in Höhe von mindestens 41.962 EUR vorhanden. Der Antragsgegner berücksichtigte Rückkaufwerte einer Lebensversicherung Nr. 000 in Höhe von 35.863,70 EUR und Nr. 001 in Höhe von 3.841 EUR sowie ein Sparguthaben in Höhe von (8x 748 EUR) 5.984 EUR. Die Vermögensfreigrenze errechne sich aus Beträgen von 2600 EUR, 615 EUR und zweimal 256 EUR für die Leistungsempfängerin, ihren Ehemann und deren Söhne. Die Verwertung dieses Vermögens stelle keine Härte dar. Ein erneuter Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe komme in Betracht, wenn das Vermögen bis zum Freibetrag aufgebraucht sein sollte.
Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 03.04.2006 trug die Antragstellerin vor, sie verfüge allein über einen Lebensversicherungsvertrag mit einem aktuellen Rückkaufswert von 3590 EUR. Weiteres Vermögen liege nicht vor. Der vom Antragsgegner berücksichtigte weitere Rückkaufswert müsse bei der Vermögensprüfung außer acht bleiben, da es sich um eine Lebensversicherung ihres Ehemannes handele. Vermögen des Ehemannes sei nicht zu berücksichtigen, da die Ehepartner getrennt im Sinne des Gesetzes lebten, was sich schon aus einer voraussichtlichen Dauer der stationären Unterbringung von zwei Jahren ergebe. Im Übrigen seien seit Beginn der stationären Behandlung Kosten in Höhe von 26.439,96 EUR aufgelaufen, die bisher nicht beglichen worden seien. Das Tatsächlichkeitsprinzip der Sozialhilfe setze sich in solchen Fällen gegenüber normativen Gesichtspunkten durch, und trotz Einkommens und Vermögens des Ehemannes/Vaters sei Hilfe zu gewähren. Im Übrigen greife die Härtefallregelung nach § 90 Abs. 3 SGB XII. Bei den Lebensversicherungsverträgen beider Eheleute handele es sich neben der gesetzlichen Rentenversicherung um eine zusätzliche Altersicherung. Die Antragstellerin sei bereits jetzt dauerhaft erwerbsunfähig, so dass sie gesetzliche Rentenanwartschaften nicht mehr anhäufen werde. Eine zusätzliche Altersicherung in Form einer Lebensversicherung sei geboten, um eine angemessene Lebensführung im Alter zu gewährleisten. Ein Sparguthaben bestehe nicht. Allenfalls könne die Rente als einzusetzendes Einkommen berücksichtigt werden. Das Einkommen des Ehemannes reiche gerade aus, um seinen und den Bedarf der unterhaltsberechtigten Kinder zu decken. Die Wohnhilfe e.V. habe bereits angedr...