Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Barleistung an Stelle von Gutscheinleistung für den Asylbewerber durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Der Verweis in § 2 Abs. 1 AsylbLG erfasst auch den in § 10 Abs. 3 S. 1 SGB 12 geregelten Vorrang von Geld- vor Sachleistungen. Nach einem Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von 48 Monaten soll der Asylbewerber auf dem Niveau des sog. soziokulturellen Existenzminimums leben und wirtschaften können. Der Verweis in § 2 Abs. 1 AsylbLG bezieht sich deshalb nicht nur auf die Leistungshöhe, sondern auch auf die Leistungsform.
2. Besteht ein Anordnungsanspruch, so kann der Berechtigte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache verwiesen werden. Eine Geldleistungsgewährung wäre wegen der bereits erfolgten Bedarfsdeckung durch Sachleistung in Form von Gutscheinen nicht mehr nachholbar.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 04.06.2008 aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 18.04.2008 bis zum Ende des Monats der gerichtlichen Entscheidung Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz als Barleistung anstelle der bisher gewährten Gutscheinleistung unter Anrechnung der bisher erbrachten Leistungen zu gewähren. Der Antragstellerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht sowie für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt C X, H, zu ihrer Vertretung beigeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für beide Rechtszüge.
Gründe
I.
Die Antragstellerin bezieht von der Antragsgegnerin sog. Analogleistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Sie begehrt die Leistungsgewährung in Form von Bargeld anstelle von Wertgutscheinen.
Mit Antrag vom 18.04.2008 hat sie zunächst die einstweilige Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG anstelle solcher nach § 3 AsylbLG begehrt.
Die Antragsgegnerin hat daraufhin mitgeteilt, die Antragstellerin beziehe aufgrund eines Abhilfebescheides vom 30.01.2008 bereits seit Oktober 2007 Leistungen nach § 2 AsylbLG. Diese würden i.H.v. 73,28 EUR als Direktauszahlung an den Vermieter der Antragstellerin, i.H.v. 40,90 EUR als Barleistung und i.H.v. 237,10 EUR als Wertgutscheine geleistet. Insofern seien gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG die Bestimmungen des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) entsprechend angewandt worden. Diese Regelung beziehe sich nach Ansicht der Antragsgegnerin "vorwiegend auf die Höhe und nicht auf die Form der zu gewährenden Leistung." Der Empfänger von Analogleistungen werde nicht zum Sozialhilfeempfänger. Der Gesetzgeber habe dies nicht gewollt; anderenfalls hätte er die nach § 2 Abs. 1 AsylbLG Berechtigten den Sozialhilfeempfängern gleichstellen können. Wertgutscheine seien "eine Art der Geldleistung"; eine Regelung, dass ausschließlich eine Bargeldleistung zu erfolgen habe, treffe § 2 AsylbLG nicht. Im Übrigen drohten der Antragstellerin keine existenziellen Nachteile, so dass es ihm zuzumuten sei, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Lokale Geschäfte seien mit der Einlösung von Wertgutscheinen vertraut und nähmen diese problemlos an.
Die Antragstellerin hat daraufhin die Gewährung von Geldleistungen nach § 2 AsylbLG in Anrechnung bereits erbrachter Leistungen ab dem 18.04.2008 beantragt. Sie hat vorgetragen, der Anspruch auf Leistungen in Form von Geldleistungen ergebe sich aus § 10 Abs. 3 SGB XII i.V.m. § 2 Abs. 1 AsylbLG. Dass Sachleistungen an sie i.S. der Norm besser oder wirtschaftlicher das Ziel der Sozialhilfe erreichen könnten, sei nicht ersichtlich. Dann aber gebe es keinen sachlichen Grund, sie als Bezieherin von Analogleistungen schlechter zu stellen als Sozialhilfeempfänger. Analogleistungsberechtigte seien nur deshalb zu Sozialhilfeberechtigten bestimmt worden, um die Einschränkungsmöglichkeiten nach § 1a AsylbLG bzw. das Leistungsregime des § 3 AsylbLG für den Fall des Rechtsmissbrauchs offen zu halten. Die Gewährung nur von Gutscheinleistungen sei eine unverhältnismäßige Schikanierung von Analogleistungsberechtigten. Da die Handlungsweise der Antragsgegnerin offensichtlich rechtswidrig sei, bestehe auch ein Anordnungsgrund. Bei Warengutscheinen könnten Ansparungen kaum gebildet werden; ein Bankkonto könne nicht in der üblichen Weise, u.a. mit Zahlungsverkehr mittels Geld- oder Girokarte, geführt werden, und die Handlungsfreiheit werde ohne sachlichen Grund eingeschränkt.
Mit Beschluss vom 04.06.2008 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Es bestehe jedenfalls kein Anordnungsgrund; es stelle keinen wesentlichen Nachteil dar, wenn die Antragstellerin vorübergehend auf Wertgutscheine angewiesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den am 06....