Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzlicher Ausschluss von einstweiligem Rechtsschutz gegen eine bereits vollzogene Sanktionsentscheidung des Grundsicherungsträgers

 

Orientierungssatz

1. Das Gericht kann nach § 86 b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes anordnen, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung bereits vollzogen ist. Damit kann es die erfolgten Vollziehungshandlungen bzw. deren unmittelbare Folgen rückgängig machen. Die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollziehung ist nur möglich, wenn besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise das Privatinteresse des von der Vollziehung des Verwaltungsaktes Belasteten in den Vordergrund treten lassen.

2. Sanktionsbescheide sind nach § 39 SGB 2 sofort vollziehbar. Ist der Sanktionszeitraum bereits abgelaufen und der laufende Lebensunterhalt durch eine Leistungsgewährung nach dem SGB 2 sichergestellt, so besteht mangels einer bestehenden existenziellen Notlage kein Grund einen Zustand zu schaffen, der in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen der Vorwegnahme in der Hauptsache zugunsten des Antragstellers gleichkäme.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 27.05.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen Sanktionsbescheid der Beschwerdegegnerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und begehrt zudem, diese zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren sowie seinen Antrag vom 05.08.2009 auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden.

Der 1964 geborene Antragsteller erhält von der Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (zuletzt aufgrund Bewilligungsbescheiden vom 25.09.2009 und 25.05.2010 für die Zeiträume 01.12.2009 bis 31.05.2010 und 01.06.2010 bis 31.07.2010). Mit Schreiben vom 11.03.2010 unterbreitete die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung gleichen Datums, die u.a. die Teilnahme an der Eingliederungsmaßnahme "Wege in Arbeit" mit Informationsgespräch bei dem Maßnahmeträger am 23.03.2010 vorsah. Zugleich händigte sie dem Antragsteller ein Einladungsschreiben aus, demzufolge er am 22.03.2010 um 10.45 Uhr bei ihr vorzusprechen habe. Es solle über das Bewerberangebot und die berufliche Situation gesprochen werden. Der Antragsteller möge die Eingliederungsvereinbarung sowie eine Datenschutzerklärung zum Termin mitbringen. Folge er der Einladung ohne wichtigen Grund nicht, werde das Arbeitslosengeld II um 10 % der für ihn maßgebenden Regelleistung abgesenkt.

Mit Schreiben vom 17.03.2010, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 18.03.2010, teilte der Antragsteller dieser u.a. mit:

"Um mir von der Maßnahme ein konkretes Bild zu machen, werde ich am 23. des Monats das vorgeschlagene Informationsgespräch bei der verantwortlichen Einrichtung wahrnehmen. Da die Maßnahme an diesem Tag noch nicht sofort beginnt, bleibt uns noch genügend Zeit, um uns über die Notwendigkeit und den integratorischen Effekt dieser Maßnahme im Laufe der kommenden Woche einig zu werden. Mit Ihrem Einverständnis werde ich den vorgemerkten Unterzeichnungstermin am 22. des Monats noch nicht wahrnehmen und mich erst nach Teilnahme an dem Informationsgespräch wieder schriftlich bei Ihnen zurückmelden."

Den Meldetermin am 22.03.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.

Am 23.03.2010 übersandte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Anhörungsschreiben zu einer geplanten Absenkung der Leistungen. Der Antragsteller äußerte sich mit Schreiben vom 24.03.2010 zu dem von ihm beim Maßnahmeträger wahrgenommenen Informationsgespräch vom Vortag. Dort habe er erfahren, dass seine Zuweisung mit der Maßgabe erfolgt sei, er habe in der Vergangenheit mehrfach Integrationsmaßnahmen abgebrochen. Dies sei wahrheitswidrig und gehässig. Er beantrage Akteneinsicht. Eine Einladung der Antragsgegnerin vom 27.04.2010 zur Akteneinsicht am 17.05.2010 nahm der Antragsteller nicht wahr.

Mit Schreiben vom 14.04.2010 begehrte der Antragsteller von der Antragsgegnerin die Übernahme von Kosten für eine Bewerbungsreise am 08.10.2009 nach C, für die Anfertigung von Bewerbungen, für Porto und für Kopien.

Die Antragsgegnerin senkte die Leistungen mit Bescheid vom 21.04.2010 unter Hinweis auf das Meldeversäumnis am 22.03.2010 für die Zeit vom 01.05. bis 31.07.2010 um 10 %, d.h. 35,90 Euro monatlich ab.

Am 26.04.2010 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Köln einen Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Er hat begehrt, den Absenkungsbescheid vom 21.04.2010 außer Vollzug zu setzen bis über dessen Rechtmäßigkeit entschieden sei, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihm Akteneinsicht zu gewähren und den "Antrag vom 05.08.2009" auf Rückerstattung von Bewerbungskosten zu bescheiden. Ein versäumter Meldetermin könne keinen Anlass zur Sanktion geben. Es sei am 22.03.2010 kein Termin angesetzt gewesen, der die persönliche Vorspr...

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