Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rücknahme einer Zweigpraxisgenehmigung durch die KÄV aufgrund von Drittwidersprüchen. keine aufschiebende Wirkung der Drittwidersprüche aufgrund offensichtlicher Unzulässigkeit. Fehlen einer materiellen Beschwer der KÄV gegen die von ihr erteilte Genehmigung. Anfechtungsbefugnis unter Willkürgesichtspunkten
Orientierungssatz
1. Wendet sich eine Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) aufgrund von Drittwidersprüchen gegen eine von ihr erteilte Zweigpraxisgenehmigung, die ein Gericht im Rahmen kursorischer Prüfung als rechtmäßig und die Drittwidersprüche als offensichtlich unzulässig eingestuft hat, so fehlt es an einer materiellen Beschwer, denn die Entscheidung greift nicht in die Rechte der KÄV ein.
2. Soweit die KÄV meint, ihr Genehmigungsbescheid sei nicht nur rechtswidrig sondern auch willkürlich erteilt, weswegen sie ihn nach § 49 SGB 10 zurückgenommen habe, ändert dies an der fehlenden materiellen Beschwer nichts.
3. Solange eine Zweigpraxisgenehmigung nicht bestandskräftig beseitigt ist, bleibt die KÄV an ihre Entscheidung gebunden. Sie wäre materiell beschwert, wenn die Genehmigung aufgehoben würde, nicht aber, wenn die Genehmigung bestätigt wird.
4. Eine etwaige Rechtswidrigkeit eines Bescheides genügt nicht, um eine Anfechtungsbefugnis unter Willkürgesichtspunkten zu eröffnen, denn Willkür liegt erst vor, wenn gravierende Rechtsverstöße vorliegen und diese den Kläger schwer beeinträchtigen (vgl BSG vom 28.10.2009 - B 6 KA 42/08 R = BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3).
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.09.2014 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Das Verfahren L 11 KA 13/15 ER wird an das Sozialgericht Düsseldorf verwiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Widersprüche der Beigeladenen gegen die dem Antragsteller erteilte Zweigpraxisgenehmigung aufschiebende Wirkung haben.
Der Antragsteller ist als Facharzt für Augenheilkunde mit Vertragsarztsitz in F, W-straße 00, niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Antragsgemäß erteilte ihm die Antragsgegnerin nach Einholung einer Stellungnahme ihrer Kreisstelle F mit Bescheid vom 16.01.2014 die Genehmigung für eine Zweigpraxis in F, X-straße 00. Diesem Bescheid widersprachen die Beigeladenen zu 1) bis 5), denn sie und eine weitere Augenärztin stellten die Versorgung im F Norden in überdurchschnittlichem Maße sicher. Mit Bescheid vom 03.06.2014 nahm die Antragsgegnerin die Zweigpraxisgenehmigung gemäß § 49 SGB Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Durch die Drittwidersprüche habe sie davon Kenntnis erhalten, dass im direkten Umfeld der Zweigpraxis Fachärzte für Augenheilkunde über freie Kapazitäten verfügten. Demzufolge könne die genehmigte Zweigpraxis die Versorgung nicht verbessern. Infolge der durch die Drittwidersprüche bewirkten aufschiebenden Wirkung dürften in der Zweigpraxis keine Leistungen mehr erbracht werden. Der Antragsteller widersprach dem Rücknahmebescheid fristgerecht. Unter dem 17.06.2014 bat er die Antragsgegnerin um schriftliche Bestätigung, dass seinem Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid vom 03.06.2014 aufschiebende Wirkung zukomme. Die Drittwidersprüche der Beigeladenen zu 1) bis 5) seien mangels Anfechtungsbefugnis offensichtlich unzulässig mit der Folge, dass diese keine aufschiebende Wirkung hätten. Sollte sich die Antragsgegnerin dem nicht anschließen, beantrage er, die Drittwidersprüche unverzüglich zurückzuweisen. Hierauf teilte die Antragsgegnerin mit, infolge der zurückgenommenen Genehmigung sei über die Drittwidersprüche nicht mehr zu entscheiden.
Am 25.08.2014 hat der Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf um Eilrechtsschutz nachgesucht. Die Drittwidersprüche der Beigeladenen zu 1) bis 5) hätten keine aufschiebende Wirkung, denn sie seien offensichtlich unzulässig. Niedergelassene Vertragsärzte seien grundsätzlich nicht berechtigt, Rechtsmittel gegen Zweigpraxisgenehmigungen zugunsten anderer Ärzte einzulegen. Da die Antragsgegnerin zu Unrecht von der aufschiebenden Wirkung der Drittwidersprüche ausgehe, bestehe ein negatives Feststellungsinteresse. Demgegenüber entfalte sein Widerspruch gegen den Rücknahmebescheid vom 03.06.2014 aufschiebende Wirkung. Der Zweigpraxisgenehmigungsbescheid sei nicht willkürlich erteilt worden. Die Kreisstelle F der Antragsgegnerin habe bestätigt, dass sich die Versorgung durch die Zweigpraxis verbessere. Die Behandlung türkischer Patienten bei Verständigung in ihrer Muttersprache könne durchaus zu einer Verbesserung führen. Schließlich habe er bereits erhebliche finanzielle Mittel für den Aufbau und den Unterhalt der Zweigpraxis aufgewandt.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. festzustellen, dass die Widersprüche der Frau Dr. L B und des Herrn Dr. I B vom 12.03.2014 sowie der Frau M U, des Herrn Dr. M X und des Herrn Dr. D B1 vom 28.03.2014 ge...