Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung von Ratenzahlungen durch des Beschwerdegericht bei ratenfreier Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht

 

Orientierungssatz

1. Nach § 127 Abs. 3 S. 2 ZPO kann bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Besteht ein Beschwerderecht der Staatskasse, wenn geltend gemacht wird, aus wirtschaftlichen Gründen hätte eine Ratenzahlung angeordnet werden müssen, dann muss das Beschwerderecht erst recht bestehen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen keine PKH zu gewähren gewesen wäre, vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2012 - XII ZB 587/11.

2. Der Anordnung einer Ratenzahlung steht nicht entgegen, wenn die Bewilligung von PKH gemäß § 115 Abs. 4 ZPO hätte abgelehnt werden müssen. Auch in diesem Fall erfolgt im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 127 Abs. 3 ZPO lediglich die Anordnung einer Ratenzahlung und nicht etwa die Aufhebung der erstinstanzlichen Bewilligungsentscheidung, vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2012 - XII ZB 587/11.

3. Nach dem gesetzgeberischen Willen sollte die vollständige Versagung von PKH im Beschwerdeverfahren nach § 127 Abs. 3 ZPO verhindert werden. Dann kann eine begründete Beschwerde auch im Falle von § 115 Abs. 4 ZPO nur zur Anordnung einer Ratenzahlung führen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 12.06.2012 abgeändert. Als Kostenbeteiligung des Klägers werden monatliche Raten von 175,00 EUR, erstmals zu zahlen für den Monat Dezember 2012 und fällig jeweils am 15. des Folgemonats, festgesetzt. Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe.

Im zugrunde liegenden und seit dem 14.08.2012 erledigten Klageverfahren hatte der Kläger mit Klageerhebung am 10.02.2012 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten beantragt. Dabei gab er ein monatliches Bruttoeinkommen aus nichtselbständiger Arbeit von 2.294,90 EUR an. Obwohl sich nach der Berechnung des Sozialgerichts nach § 115 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) monatliche Raten von 175 EUR ergaben und die voraussichtlichen Kosten der Prozessführung vier solcher Raten nicht überstiegen, gewährte das Sozialgericht mit Beschluss vom 12.06.2012 ratenfreie Prozesskostenhilfe und ordnete die Prozessbevollmächtigte bei. Diese beantragte am 15.08.2012 die Festsetzung von Gebühren und Auslagen in Höhe von 481,83 EUR.

Nachdem der Beschwerdeführer durch ein Schreiben des Sozialgerichts vom 15.08.2012 Kenntnis von der ratenfreien Gewährung erhalten hatte, hat er am 05.09.2012 Beschwerde eingelegt. Es müsse eine Ratenzahlung in Höhe von 175 EUR monatlich angeordnet werden. Er stützt die Beschwerde auch darauf, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 115 Abs. 4 ZPO hätte abgelehnt werden müssen.

II.

Die zulässige Beschwerde nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO ist begründet.

Die Beschwerde ist fristgemäß erhoben worden. Gemäß § 127 Abs. 3 Satz 3 bis 5 i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO beträgt die Notfrist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO einen Monat ab Bekanntgabe des Beschlusses, längstens drei Monate ab Verkündung bzw. Übermittlung der unterschriebenen Entscheidung an die Geschäftsstelle. Da eine Bekanntgabe an den Beschwerdeführer nicht erfolgen musste (§ 127 Abs. 3 Satz 6 ZPO) und nicht erfolgt ist, begann die Notfrist mit Kenntniserlangung durch das Schreiben des Sozialgerichts vom 15.08.2012 (vgl. Büttner et al., Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 6. Aufl. 2012, Rn 878). Die Einlegung der Beschwerde am 05.09.2012 erfolgte damit innerhalb der Monatsfrist und auch noch innerhalb von drei Monaten ab Übergabe des Beschlusses vom 12.06.2012 an die Geschäftsstelle.

Die Beschwerde ist statthaft, da i.S.v. § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind.

Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer zutreffend auch geltend macht, dass wegen § 115 Abs. 4 ZPO Prozesskostenhilfe hätte abgelehnt werden müssen. Auch in diesem Fall ist die Beschwerde nach § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthaft (vgl. Büttner et al., a.a.O., Rn 876; Musielak, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 127 Rn 9; LAG Düsseldorf Beschluss vom 06.04.1989 - 14 Ta 73/89). Zwar kann nach § 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Besteht aber ein Beschwerderecht der Staatskasse, wenn geltend gemacht wird, aus wirtschaftlichen Gründen hätte eine Ratenzahlung angeordnet werden müssen, dann muss das Beschwerderecht erst recht bestehen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen (hier: § 115 Abs. 4 ZPO) überhaupt keine Prozesskostenhilfe zu gewähren gewesen wäre (vgl. BGH Urteil vom 19.09.2012 - XII ZB ...

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