Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Festsetzung und Erstattung von Leistungen nach § 41a SGB 2. Ablauf der Jahresfrist des § 41a Abs 5 SGB 2. Antrag des Leistungsberechtigten auf abschließende Entscheidung. Einreichung von Unterlagen. Anhängigkeit einer Klage gegen die vorläufige Entscheidung
Orientierungssatz
1. Die Einreichung von Unterlagen zur Erfüllung der Mitwirkungspflicht aus § 41a Abs 3 S 2 SGB 2 stellt allein noch keinen Antrag auf abschließende Entscheidung im Sinne des § 41a Abs 5 S 2 Nr 1 SGB 2 dar; ein solcher muss vielmehr (unter Zugrundelegung des sog objektiven Empfängerhorizontes) erkennbar gewollt sein.
2. Dem Eintritt der Fiktion abschließend festgesetzter Leistungen steht nicht entgegen, dass die vorläufige Entscheidung im Zeitpunkt des Ablaufs der Jahresfrist noch nicht bestandskräftig, sondern Gegenstand eines Klageverfahrens gewesen ist (vgl LSG Essen vom 28.10.2020 - L 12 AS 2055/18 = juris RdNr 36 ff).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 11.11.2020 geändert, der Festsetzungs- und Erstattungsbescheid vom 07.05.2018 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01.07. bis zum 31.12.2016 und eine darauf gründende Erstattungsforderung i.H.v. 843,70 EUR.
Die 1959 geborene Klägerin ist selbstständig tätig als Dozentin u.a. für Kochkurse, die sie in verschiedenen Volkshochschulen anbietet. Für die Zeit ab dem 01.07.2013 wurde ihr von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zuerkannt, die seit dem 01.04.2014 laufend gezahlt wird. Sie ist Eigentümerin einer selbst bewohnten Eigentumswohnung, für die im streitigen Zeitraum Kosten i.H.v. 430,42 EUR geltend gemacht und anerkannt wurden. Die Klägerin erhielt in der Vergangenheit wiederkehrend Zahlungen von ihren Eltern, u.a. regelmäßig zu Beginn eines Halbjahres einen Betrag i.H.v. 4.000 EUR. Es existieren verschiedene schriftliche Vereinbarungen mit den Eltern über Darlehen. Darlehensverträge bestanden zudem mit der Sparkasse D und der N Lebensversicherungs-AG.
Am 16.06.2016 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Leistungen für die Zeit ab dem 01.07.2016. Dabei gab sie an, eine monatliche Rente i.H.v. 260,30 EUR zu beziehen, und reichte eine Übersicht über die Schätzung ihres Einkommens aus selbstständiger Tätigkeit für die Zeit von Juli bis Dezember 2016 ein. Vorgelegt wurden auch zwei mit "Darlehensvertrag" überschriebene Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren Eltern vom 30.12. und 30.06.2015 über ein zinsloses Darlehen i.H.v. jeweils 4.000 EUR. Zu den Aufwendungen für das selbstgenutzte Wohneigentum legte die Klägerin die Abrechnung der Hausverwaltung vom 04.05.2016 über das Kalenderjahr 2015 sowie die Heizkostenabrechnung für das Jahr 2015 und den Wirtschaftsplan für das Jahr 2016 vor.
Mit Bescheid vom 04.07.2016 bewilligte der Beklagte der Klägerin vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.07 bis zum 31.12.2016 i.H.v. 374,26 EUR für den Monat Juli 2016 sowie i.H.v. jeweils 554 EUR für die Monate August bis Dezember 2016. Die Entscheidung erfolge insoweit vorläufig, als zukünftige bzw. noch nicht nachgewiesene Einkünfte auf die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts angerechnet würden. Die Kosten der Unterkunft würden auf die maximal angemessenen Kosten gesenkt. Im Juli 2016 rechnete der Beklagte Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung i.H.v. 166,40 EUR an und kürzte zudem den Bedarf für die Kosten der Unterkunft um 46,82 EUR, so dass insoweit ein Bedarf i.H.v. 217,20 EUR berücksichtigt wurde. Der Beklagte rechnete Einkommen aus der Rentenzahlung i.H.v. 260,89 EUR sowie aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 29,44 EUR an und zog davon als Versicherungspauschale einen Betrag i.H.v. 20,62 EUR sowie einen weiteren Grundfreibetrag i.H.v. 22,77 EUR ab. Für den Zeitraum von August bis Dezember 2016 berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft i.H.v. 383,60 EUR sowie Einkommen aus der Rente i.H.v. 260,89 EUR und aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 22,77 EUR, hiervon zog er einen Betrag i.H.v. 27,29 EUR als Versicherungspauschale sowie einen weiteren Freibetrag i.H.v. 22,77 EUR ab. Der Bescheid enthielt im Anhang u.a. einen Hinweis zur abschließenden Entscheidung: Diese erfolge auf Grundlage der abschließenden Angaben, hierfür solle die Klägerin den Vordruck "Abschließende EKS" verwenden und für die abschließenden Zahlen Belege und Nachweise einreichen. Der Beklagte sei berechtigt, das Einkommen für den abgelaufenen Bewilligungszeitraum zu schätzen, wenn die Erklärung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Abl...