Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliches Entfallen von Unfallversicherungsschutz bei Unterbrechung des Betriebswegs zu privatwirtschaftlichem Zweck
Orientierungssatz
1. Zur versicherten Tätigkeit im Rahmen der Beschäftigtenversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 zählt das Zurücklegen eines Betriebswegs. Auf Betriebswegen von und zur Arbeitsstelle besteht Unfallversicherungsschutz nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB 7.
2. Wird der Betriebsweg zum Kauf einer Mahlzeit unterbrochen, so steht der Einkauf als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht mehr unter dem Schutz der Unfallversicherung.
3. Eine den Versicherungsschutz unberührt lassende geringfügige Unterbrechung des Betriebswegs liegt nur dann vor, wenn die private Verrichtung ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann (BSG Urteil vom 31. 8. 2017, B 2 U 11/16 R).
4. Die Einnahme einer Mahlzeit und deren Beschaffung ist als Grundbedürfnis des Menschen grundsätzlich nicht versichert. Ausnahmen hiervon sind nur in begrenzten Fällen zulässig (BSG Urteil vom 24. 2. 2000, B 2 U 20/99).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.04.2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.
Die 1968 geborene Klägerin ist bei einer Gebäudereinigungsfirma als Objektleiterin bzw -betreuerin im Außendienst beschäftigt. Für Bürotätigkeiten nutzt sie einen Home-Office-Arbeitsplatz in ihrem Wohnhaus in C. Darüber hinaus betreut sie im Rahmen ihrer Außendiensttätigkeit mehrere Objekte. Sie übt dabei im Wesentlichen Kontrollaufgaben aus, z.B. nach Beschwerden von Kunden, aber auch rein routinemäßig. Die Klägerin plant dabei selbstständig, wann sie welche Objekte kontrolliert bzw. welche Kunden sie wann aufsucht.
Am 13.12.2016 brach sie morgens von zu Hause aus mit ihrem Kfz auf, um Routinekontrollen bei mehreren Kunden durchzuführen. Auf dem direkten Weg zum ersten Kunden, der Firma W AG in B, hielt sie auf der B-Straße in C gegen 7:15 Uhr auf dem Parkplatz vor der Bäckerei T an und stieg aus ihrem Wagen. Sie betrat anschließend die Bäckerei und kaufte dort Backwaren. Anschließend ging sie aus der Bäckerei rechts in Richtung ihres Fahrzeugs an der Fahrzeugfront ihres PKW vorbei. Dabei stürzte sie über eine Betonmauer und fiel ca. 60 bis 70 cm tief auf eine Hofeinfahrt auf ihre linke Körperseite. Dabei erlitt sie eine mediale Schenkelhalsfraktur links.
Gegenüber dem noch am gleichen Tage aufgesuchten Durchgangsarzt Dr. S gab die Klägerin an, sie habe sich in der Bäckerei Frühstück holen wollen. Diese Angabe wiederholte ihr Arbeitgeber in der Unfallanzeige vom 26.01.2017.
Mit Bescheid vom 23.01.2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit der Begründung ab, die Klägerin habe ihren direkten Weg zu ihrer Arbeitsstätte durch den Besuch der Bäckerei verlassen und deshalb zum Zeitpunkt des Unfalls keine versicherte Tätigkeit mehr ausgeübt.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Einkauf habe nur etwa 2 bis 3 Minuten gedauert. Die Unterbrechung des Weges zu ihrem Kunden sei bereits deshalb nicht relevant.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2017, der am 07.04.2017 zur Post gegeben wurde, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, auch bei einem im Rahmen der versicherten Tätigkeit zurückgelegten Weg (Dienstweg) entfalle der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit der Versicherungsschutz, wenn der Weg, wie hier, aus eigenwirtschaftlichen Gründen unterbrochen werde. Eine lediglich geringfügige Unterbrechung liege nicht vor. Den Dienstweg habe die Klägerin vor ihrem Unfall auch nicht wieder aufgenommen.
Die Klägerin hat am 08.05.2017 Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben. Sie hat behauptet, das Frühstück habe zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeitskraft gedient. Sie hat die Auffassung vertreten, in ihrem Fall sei zu berücksichtigen, dass sie als Außendienstmitarbeiterin bereits im Dienst gewesen sei, als der Unfall geschehen sei. Bei Geschäftsreisen erlösche der Versicherungsschutz durch eine Unterbrechung des betrieblichen Zusammenhangs im Allgemeinen weniger leicht als auf Wege nach und von der Arbeitsstelle. Soweit das Bundessozialgericht im Urteil vom 31.08.2017 vertreten habe, der Einkauf von Semmeln für eine Brotzeit stehe als rein privatwirtschaftliche Handlung nicht mehr unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung, habe sich diese Entscheidung auf Wege nach und von der Arbeitsstelle im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und nicht auf Dienstfahrten bezogen. Würde man der Rechtsauffassung der Beklagten folgen, hätte sie über den ganzen Tag hinaus keine Möglichkeit, während ihrer Auswärtstätigkeit sich mit Essen zu versorgen. Sie wäre gezwungen, von vornherein ihre Verpflegung für die Dauer des ganzen Arbeitstages von zu...