Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Verfahrensmangel. Entscheidung durch Einzelrichter. Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters
Orientierungssatz
§ 155 Abs 3 SGG berechtigt und verpflichtet den Berichterstatter nicht dazu, vor einer von den Beteiligten gewünschten Einzelrichterentscheidung die anderen Berufsrichter zu beteiligen. Dies würde vielmehr einen Verstoß gegen den gesetzlichen Richter des Art 101 GG bedeuten. Denn weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte, Gesetzeszusammenhang oder Sinn und Zweck des § 155 Abs 3 SGG lassen die obige einschränkende Auslegung der Norm zu (Entgegen BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R = SozR 4-1500 § 155 Nr 1, BSG vom 8.11.2007 = B 9/9a SB 3/06 R und BSG vom 29.1.2008 = B 7/7a AL 40/06 R).
Nachgehend
BSG (Urteil vom 17.01.2011; Aktenzeichen B 13 R 33/10 R) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.09.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die ungekürzte Zahlung der Witwenrente der Klägerin. Die Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1935 geborenen Versicherten I H, der 2005 an einer als Berufskrankheit 4105 anerkannten Krebserkrankung verstorben ist. Mit Bescheid vom 26.07.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin Große Witwenrente ab 01.07.05 mit einem Zahlbetrag von 913,84 EUR. Von der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft wurde der Klägerin ab 22.06.05 Witwenrente in Höhe von 1053,35 EUR gewährt. Nach vorheriger Anhörung der Klägerin nahm die Beklagte durch Bescheid vom 11.10.06 ihren Bescheid vom 26.07.05 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.10.06 zurück wegen der zuerkannten Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Den Zahlbetrag der Großen Witwenrente setzte sie ab 01.10.06 auf 191,37 EUR fest. Für den Nachzahlungszeitraum machte sie einen Erstattungsanspruch gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend in Höhe von 12.281,97 EUR, der von der Berufsgenossenschaft befriedigt wurde.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 08.11.06 Widerspruch ein wegen der Kürzung und meinte u.a., vorliegend sei es von entscheidender Bedeutung, dass der Versicherungsfall von Berufsgenossenschaft, Berufskrankheit Nr. 4105, am 06.04.05 eingetreten sei, also zu einem Zeitpunkt, wo der Versicherte schon lange das 65. Lebensjahr überschritten gehabt habe. Am 18.08.08 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.
Die dagegen rechtzeitig zum Sozialgericht (SG) Gelsenskirchen erhobene Klage ist erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 18.09.2009 hat das SG sie als unbegründet abgewiesen. Es hat gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die angefochtenen Bescheide Bezug genommen und ergänzend zur Begründung ausgeführt:
"Zum einen war die Beklagte berechtigt, ihren Bescheid vom 26.07.05 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung vom 01.10.06 aufzuheben. Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X), wonach ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Bescheid vom 11.10.06 hebt die Rentenbewilligung nur mit Wirkung für die Zukunft auf, da er eine Änderung ab 01.10.06 und damit nach dem Zeitpunkt des gem. § 39 SGB X durch Bekanntgabe erfolgten Wirksamwerdens des Bescheides bestimmt.
Die für die Rentenbewilligung maßgebenden Verhältnisse haben sich nachträglich dadurch geändert, dass der Klägerin Witwenrente aus der Unfallversicherung zuerkannt worden ist mit der Folge, dass die Große Witwenrente gemäß § 93 Abs.1 Sozialgesetzbuch -Sechstes Buch - (SGB VI) insoweit nicht geleistet wird, als die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteigt. Zur Überzeugung des Gerichts verstößt § 93 SGB VI auch nicht gegen das Grundgesetz. Insoweit stützt sich die Kammer in vollem Umfang auf die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31.03.98 (Az.: B 4 RA 49/96 R) und vom 29.07.04 (Az.: B 4 RA 51/03 R) und macht sich diese zu eigen. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der "berufsgenossenschaftlichen Nachzahlung" in Höhe von 12.281,97 Euro besteht ebenfalls nicht. Dies liegt an der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X. Danach erlischt der Anspruch des Leistungsberechtigten, soweit ein Erstattungsanspruch eines vorleistenden Leistungsträgers gegenüber dem tatsächlich zuständigen Leistungsträger besteht. Aufgrund der Regelung des § 93 SGB VI hat die Beklagte in dem Zeitraum, für den nachträglich die Witwenrente von der Berufsgenossenschaft zugesprochen worden ist, 12.281.97 Euro zu viel gezahlt. In dieser Höhe hatte sie einen Erstattungsanspruch gegen die Berufsgenossenschaft nach § 103 Abs. 1 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 26.04.05 -Az.: B 5 RJ 36/04 R). Die von der Klägerin beigebrachten Urteile des Sozialgerichts Duisburg vom 06.02.09 (Az.: S ...