Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Nachzahlung von Arbeitsentgelt und Abfindung in Raten. Zuflussprinzip. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Wenn Grund einer Forderung nicht realisierte, erstmalige und nicht auf der Verwertung von anderem Vermögen beruhende Einnahmen sind, deren Auszahlung nicht früher zu erreichen gewesen ist, gehört die noch nicht erfüllte Forderung (hier Arbeitsentgelt- und Abfindungsanspruch) zum Vermögen nach § 12 SGB 2, jedoch der tatsächliche Zufluss bei Erfüllung der Geldforderungen zum Einkommen nach § 11 SGB 2.
2. Die Anrechnung von nachgezahltem Arbeitsentgelt und einer Abfindung ist nicht gem § 11 Abs 3 SGB 2 bzw § 1 Abs 1 Nr 2 AlgIIV ausgeschlossen.
3. Die Berücksichtigung der Zahlungen als Einkommen verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
4. Die nach Antragstellung monatlich zugeflossenen Ratenzahlungen des ehemaligen Arbeitgebers sind gem § 2 Abs 2 S 1 AlgIIV als Einkommen ab dem Zuflussmonat zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.12.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung von Einkünften des Klägers in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2006.
Der 1959 geborene Kläger ist Malergeselle. Mit seinem damaligen Arbeitgeber schloss er am 20.06.2005 einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht Wuppertal, worin sich beide auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 04.07.2005 einigten. Der Arbeitgeber verpflichtete sich außerdem zur Zahlung des rückständigen Arbeitsentgelts für die Monate März bis Juli 2005 sowie zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bis spätestens zum 31.07.2005. Nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt nicht vollständig gezahlt hatte, leitete der Kläger nach eigenen Angaben die Zwangsvollsteckung ein. Ende Januar 2006 trafen der Kläger und sein ehemaliger Arbeitgeber hinsichtlich des noch ausstehenden Betrages eine Ratenzahlungsvereinbarung über monatliche Zahlungen in Höhe von 400,00 EUR. In der Zeit von Januar bis Mai 2006 zahlte der ehemalige Arbeitgeber an den Kläger jeden Monat 400,00 EUR, wobei die erste Rate am 30.01.2006 ausgezahlt wurde. Bis zum 03.01.2006 bezog der Kläger Arbeitslosengeld I.
Mit Bescheid vom 24.03.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 09.12.2005 für Januar 2006 Leistungen in Höhe von 420,82 EUR und für Februar bis einschließlich Mai 2006 Leistungen in Höhe von 505,00 EUR monatlich. Sie ging dabei von einem monatlichen Bedarf in Höhe von 875,00 EUR aus (Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II i. H. v. 345,00 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 530,00 EUR). Für den Monat Januar ging sie von einem anrechenbaren Einkommen von 454,18 EUR aus (400,00 EUR Nachzahlung des Arbeitgebers zuzüglich 84,18 EUR Arbeitslosengeld 1 abzüglich eines Betrages von 30,00 Euro gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg II-V). Für die Monate Februar bis Mai 2006 legte sie ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 370,00 EUR zu Grunde (400,00 EUR Zahlungen des Arbeitgebers abzüglich 30,00 EUR gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 1 Alg-II-V). Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger vor, dass die monatlichen Zahlungen in Höhe von 400,00 EUR nicht als Einkommen anzurechnen seien, weil es sich um Forderungen aus einem ehemaligen Arbeitsverhältnis handele. Betroffen seien Restlohnforderungen und eine Abfindungszahlung sowie Kosten der Vollstreckung. Bei den Restlohnansprüchen sei zu berücksichtigen, dass diese nicht anzurechnen gewesen wären, wenn der Arbeitgeber vor Inanspruchnahme der Leistungen nach dem SGB II gezahlt hätte. Mit Bescheid vom 12.09.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bei den monatlichen Zahlungen des ehemaligen Arbeitgebers handele es sich um Einkommen, das nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf die Leistungen anzurechnen sei. Es sei unerheblich, dass es um rückständige Zahlungen für einen Zeitraum gehe, in dem der Kläger noch nicht im Leistungsbezug gestanden habe. Entscheidend sei der tatsächliche Zufluss. Dies gelte auch für die Zahlungen aus der Abfindung. Eine entsprechende einmalige Zahlung könne allenfalls im Folgemonat des Zuflusses zu Vermögen werden. Die Kosten für die Vollstreckung könnten allenfalls dann als zweckbestimmte Einnahmen gewertet werden, wenn der Kläger nachweise, dass er diese zweckbestimmt weitergeleitet habe.
Hiergegen hat der Kläger am 27.09.2006 Klage erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass seine Forderung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber einen Vermögenswert darstelle. Dieser Vermögenswert liege unterhalb der Freigrenzen, so dass eine Anrechnung nicht erfolgen dürfe. Außerdem handele es sich um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II. Denn er ha...