Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsschadensausgleich wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben
Orientierungssatz
1. Berufsschadensausgleich erhalten rentenberechtigte Beschädigte, deren Einkommen aus gegenwärtiger oder früherer Tätigkeit durch die Schädigungsfolgen gemindert ist. Diese sind schon dann für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und einen dadurch eingetretenen Einkommensverlust ursächlich, wenn der Beschädigte sich auf eine wesentlich durch Schädigungsfolgen bedingte Schwerbehinderung berufen kann, um mit seinem Ausscheiden eine Altersversorgung zu erlangen.
2. Kann der Beschädigte nur unter Hinweis auf die schädigungsbedingte Schwerbehinderung sozialgesichert vorzeitig seine Erwerbstätigkeit beenden, so ist regelmäßig bewiesen, dass er i. S. des § 30 Abs. 3 BVG einen Einkommensverlust durch die Schädigung erlitten hat. Dieser Beweis ist nicht erbracht, wenn der Beschädigte auch aus einem anderen Grund sozialgesichert vorzeitig seine Erwerbstätigkeit beenden konnte.
3. Konnte der Beschädigte auch ohne die Schädigung wegen einjähriger Arbeitslosigkeit sozialgesichert aus dem Arbeitsleben ausscheiden, so fehlt es an der erforderlichen Glaubhaftmachung dafür, dass er nur wegen der schädigungsbedingten Schwerbehinderung vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist, mit der Folge, dass der Anspruch auf Berufsschadensausgleich ausgeschlossen ist.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 20.01.2005 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich (BSA) wegen vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben.
Der am 00.00.1925 geborene Kläger, der von 1932 bis 1940 die Volksschule besuchte, begann in der Zeit vom 01.04.1942 bis zum 31.08.1943 eine Lehre zum Fernmeldehandwerker bei der Reichspost, welche am 01.10.1943 mit der Einziehung zum Wehrdienst vorzeitig beendet wurde. Nach seinem Dienst bei der Deutschen Wehrmacht von 1943 bis zum 30.03.1948 befand sich der Kläger in russischer Kriegsgefangenschaft. Wegen deren Auswirkungen wurde bei ihm zuletzt nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Bescheid vom 01.02.1963 eine Lungentuberkulose als Schädigungsfolge mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - jetzt: Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - von 40 vom Hundert (v.H.) anerkannt.
Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft arbeitete der Kläger seit dem 12.07.1948, unterbrochen durch eine Rentenbezugszeit vom 01.08.1953 bis 31.05.1955, als Hilfsarbeiter und technischer Angestellter bei der Firma Kochs-Adler AG. Das Beschäftigungsverhältnis wurde von ihm durch Eigenkündigung zum 31.08.1984 beendet. Seit dem 01.09.1984 war der Kläger arbeitslos. Als solches war er auch beim zuständigen Arbeitsamt gemeldet, erhielt aber zunächst keine Leistungen der Arbeitsverwaltung. Seit dem 27.10.1984 bezog er Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 09.02.1984 nach dem damaligen Schwerbehindertengesetz (SchwbG) wurde bei ihm eine seinerzeit so bezeichnete Gesamt-MdE von 50 festgestellt. Dem lagen zu Grunde:
1. inaktives Lungenleiden, Rippenfellschwarten (MdE 40)
2. rückfälliges Wirbelsäulensyndrom (MdE 20)
3. Vorsteherdrüsenleiden (MdE 10)
4. neuro-vegetative Fehlsteuerung mit Magenleiden (MdE 10).
Seit dem 01.09.1985 erhält der Kläger Altersrente bzw. Altersruhegeld als anerkannter Schwerbehinderter.
Seinen Antrag vom 09.08.1985 auf u.a. BSA hat das Versorgungsamt C mit Bescheid vom 17.09.1985 abgelehnt. Ein evtl. Einkommensverlust sei nicht ursächlich auf die anerkannte Schädigungsfolge zurückzuführen; nach telefonischer Auskunft des Arbeitsamts C habe der Kläger das bestehende Arbeitsverhältnis 1984 aus gesundheitlichen Gründen selbst gekündigt; diese Kündigung sei nach Auskunft des Arbeitsamtes jedoch nicht gerechtfertigt gewesen; BSA stehe demnach nicht zu.
Am 13.09.1999 hat der Kläger erneut BSA beantragt. Er sei mit dem 60. Lebensjahr aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Dies sei ihm deswegen möglich gewesen, weil er wegen seiner Schwerbehinderung die Bedingungen für die Altersrente erfüllt habe. Sein Renteneinkommen sei gemindert. In der Zeit vom 25.09.1951 bis zum 31.05.1955 habe er infolge schädigungsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten keine Arbeitsleistung erbringen können. Ihm seien daher geringere Lohnersatzleistungen gezahlt worden.
Die Versorgungsverwaltung hat es mit Bescheid vom 30.06.2000 und Widerspruchsbescheid vom 05.01.2001 abgelehnt, den Bescheid vom 17.09.1985 nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zu ändern und dem Kläger BSA zu bewilligen. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis mit 59 Jahren aus eigenem Antrieb gekündigt; gesundheitliche Gründe seien hierfür nicht maßgebend gewesen.
Diese Entscheidung hat der Kläger mit einer am 05.02.2001 zum Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage angegriffen. Er habe von 1950 bis 1955, also seit dem Auffl...