Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsvertrag ab 1.4.2005. Rechtmäßigkeit. Individualbudgetierungsregelung

 

Orientierungssatz

Zur Rechtmäßigkeit einer Individualbudgetierungsregelung eines ab 1.4.2005 maßgebenden Honorarverteilungsvertrages einer Kassenärztlichen Vereinigung unter Berücksichtigung der durch höherrangiges Recht gedeckten Übergangsregelung in Teil III Nr. 2.2 des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.12.2011; Aktenzeichen B 6 KA 5/11 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.07.2007 abgeändert und die Beklagte verurteilt, unter Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal II/2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2006 über ihr vertragsärztliches Honorar für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten für beide Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Honorars der Klägerin für das Quartal II/2005 und insofern die Rechtmäßigkeit des von der Beklagten bei der Berechnung zu Grunde gelegten Honorarverteilungsvertrages (HVV).

Der klägerischen Gemeinschaftspraxis gehörten in der Zeit vom 01.04.2005 bis 30.06.2005 drei zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugelassene Fachärzte für Augenheilkunde an.

Mit Bescheid vom 31.10.2005 honorierte die Beklagte die von der Klägerin erbrachten vertragsärztlichen Leistungen im Quartal II/2005 in Höhe von 401.125,13 EUR nach Maßgabe eines individuellen Punktzahlvolumens von 2.370.405,0 Punkten. Über dieses Volumen hinaus abgerechnete Leistungen kürzte die Beklagte und bewertete die verbliebenen punktzahlbewerteten Leistungen unter Berücksichtigung einer Fachgruppenquote von 73,7687 %.

Der ohne Begründung eingelegte Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10.05.2006).

Die Klägerin hat am 23.05.2006 Klage erhoben und eingewendet, der von der Beklagten zugrunde gelegte HVV und damit auch der Honorarbescheid sei rechtswidrig, da dieser entgegen der Gesetzeslage weiterhin die Bildung von Individualbudgets vorgebe. Der Bewertungsausschuss habe zwar am 29.10.2004 beschlossen, von der durch den Gesetzgeber vorgesehenen Einführung von Regelleistungsvolumina (RLV) könne für die Zeit vom 01.04. bis 31.12.2005 abgesehen werden, wenn der geltende HVV vergleichbare Steuerungsmechanismen wie arztgruppenspezifische Grenzwerte, feste Punktwerte, abgestaffelte Punktwerte (Restpunktwerte) sowie Fallzahlzuwachsbegrenzungen vorsehe. Diese Voraussetzungen habe indessen der im Bereich der Beklagten geltende HVV nicht erfüllt, sondern einen über die Quotierung floatenden Punktwert mit der Folge vorgesehen, dass die Leistungen nur mit 65 % vergütet würden. Gegenüber den Vorquartalen I/2005 und IV/2004 seien die Quoten gesunken, obwohl die Gesamtvergütung um 17,6 Mio. EUR über der Vorjahressumme liege. Das beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Honorarverteilung. Im Vergleich zum Quartal II/2004 sei dem Verteilungsbetrag ein Volumen von 7 % entzogen worden. Allein die Vereinbarung mit den Ersatzkassen, die über dem Individualbudget (IB) liegenden Leistungen nur mit einem floatenden Punktwert zu vergüten, entzöge diesem 15,2 Mio. EUR. Darüber hinaus sei ein wesentlicher Teil der Vergütung der Fachärzte in den Psychotherapeutentopf verlagert worden. Die Kumulation der Wirkungen "gekürzter Honoraranteil IB, Steigerung Honoraranforderung kleinerer Praxen, Absinken der Quoten" sei voraussehbar gewesen. Der grundsätzlich zur Verfügung stehende Beurteilungsspielraum sei daher auf Null gesunken und keinem Beobachtungszeitraum zugänglich.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal II/2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.05.06 zu verurteilen, über sein vertragsärztliches Honorar für das Quartal II/2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Verwaltungsvorgänge, insbesondere auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides verwiesen und vorgetragen: Der für das Quartal II/2005 geltende HVV sehe eine Vergütung überschreitender Leistungsmengen mit abgestaffelten Punktwerten vor. Die Einführung dieser Regelung in § 6 Abs. 5 HVV stehe der Annahme einer Vergleichbarkeit der Steuerungselemente nicht entgegen. Der Beschluss des Bewertungsausschuss spreche auch lediglich generell von vergleichbaren Steuerungselementen, hingegen nicht davon, dass eine Regelung "eins zu eins" im HVV normiert sein müsse. Regelungen zur Fallzahlbegrenzung seien mangels RLV nicht erforderlich. Die Einführung des EBM hindere die Weiterführung der IBs nicht. Einer gesicherten Datenlage sei im Interesse der Vertragsärzte der Vorrang einzuräumen. Zudem sei der Zeitraum, in dem die Individualbudgetregelung angefochten werde, überschaubar...

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