Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Sozialgeldes für minderjährige Kinder. Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistungen

 

Orientierungssatz

1. § 20 Abs 2 und Abs 3 SGB 2 sind verfassungsgemäß (vgl BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr 3).

2. Auch das Verfahren der Bemessung sowie die Höhe des Sozialgeldes für minderjährige Kinder gem § 28 Abs 1 S 3 Nr 1 SGB 2 begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 22.9.2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).

Die ... 1956 geborene arbeitslose Klägerin zu 1) ist Mutter der Klägerin zu 3), geb. ... 1989, und des Klägers zu 2), geb. ... 1996. Sie bewohnen eine gemeinsame Wohnung. Die Kosten für Unterkunft und Heizung betragen monatlich € 513,38 (Kaltmiete € 336,34, Heizung € 65,- und Nebenkosten € 112,04).

Die Klägerin zu 1) bezog bis 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe und anschließend für sich und die Kinder ab 1.1.2005 Arbeitslosengeld II und Sozialgeld. Die Beklagte bewilligte ihnen auf ihren Antrag vom 12.5.2005 mit Bescheid vom 9.6.2005 diese Leistungen weiter für die Dauer vom 1.7. bis 31.12.2005 in Höhe von 1.087,38 monatlich. Sie berücksichtigte für die Klägerin zu 1) den Regelsatz von € 345,- sowie einen Mehrbedarf zum Lebensunterhalt für Alleinerziehende von € 83,- und für die Klägerin zu 3) den Regelsatz von € 276,- sowie für den Kläger zu 2) ein Sozialgeld in Höhe von € 207,-. Ferner berücksichtigte sie auf der Bedarfsseite als Kosten der Unterkunft den Betrag von € 513,38. Auf den Gesamtbedarf von € 1.424,38 rechnete die Beklagte Kindergeld in Höhe von € 308,- als Einkommen sowie einen monatlichen Aufrechnungsbetrag aus einem gewährten Darlehen in Höhe von € 29,- an (insgesamt € 337,-). Die Kläger erhoben gegen diesen Bescheid am 27.6.2005 Widerspruch, den die Beklagte mit Bescheid vom 17.10.2005 zurückwies.

Hiergegen richtete sich die am 18.11.2005 erhobene Klage. Die Kläger haben zu deren Begründung ausgeführt, entweder sei die Höhe des Arbeitslosengeldes II in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen, weil der Anteil hinsichtlich erforderlicher Bildungsausgaben bei der Festsetzung des Regelsatzes zu niedrig berücksichtigt worden sei. Die Kosten für Schulbücher seien nicht in ausreichendem Umfang eingerechnet worden. Oder das Nordrhein-Westfälische Schulgesetz sei verfassungswidrig, weil es lediglich Empfängern von Leistungen nach dem 12. Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII) und Empfängern von Leistungen nach dem SGB II, die bis 31.12.2004 Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen hätten, Lernmittelfreiheit gewähre.

Die Beklagte hat die angefochtenen Bescheide für Rechtens gehalten.

Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 22.9.2006 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Es hat dargelegt, dass die Beklagte die gewährten Leistungen auf der Grundlage der geltenden Bestimmungen des Sozialgesetzbuches II für die Zeit ab 1.7.2005 rechnerisch zutreffend auf € 1.087,38 festgesetzt habe. Dies werde von den Klägern auch nicht bestritten. Entgegen ihrer Auffassung beständen hinsichtlich der Höhe der Regelsätze keine Bedenken, dass sie in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen seien. Es spreche vielmehr viel dafür, dass die Höhe dem in Art. 1 Absatz 1, Art. 20 Absatz 1 Grundgesetz (GG) verankerten sozialstaatlichen Gebot, ein menschenwürdiges Dasein zu gewährleisten, ausreichend Rechnung trage. Hieran ändere auch nichts der Umstand, dass die Kläger nicht von der Zuzahlung zu Lernmitteln befreit seien. Es sei zwar richtig, dass im streitigen Zeitraum Leistungsempfänger nach dem SGB XII allgemein und solche nach dem SGB II, die im Schuljahr 2004/2005 laufend Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen hätten, gemäß §§ 96 Absatz 3, 132 Absatz 9 Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) von der Zahlung des Eigenanteils zu Lernmitteln befreit gewesen seien. Dies könne im Hinblick auf die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, für die eine derartige Lernmittelfreiheit nicht vorgesehen sei, eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG darstellen. Daraus folge aber nicht, dass der Bedarf nach §§ 20, 21 SGB II entsprechend dem Anteil für Bildungsausgaben erhöht werden müsse. Eine Gleichbehandlung zwischen den Leistungsbeziehern könne vielmehr nur dadurch hergestellt werden, dass auch die Kläger nach dem Schulgesetz von der Zuzahlung befreit würden.

Gegen das am 17.10.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.10.2006 eingelegte Berufung der Kläger. Sie verbleiben zu deren Begründung bei ihrer Auffassung, dass entweder die Regelsätze des SGB II zu niedrig festgesetzt seien oder aber das Nordrhein-Westfälische Schulgesetz hinsichtlich der Bestimmungen f...

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