Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. sonstiges Versicherungspflichtverhältnis. Krankentagegeldbezug aus privater Krankenversicherung ab 43. Tag. Begriff der Unmittelbarkeit. Unterbrechung zwischen zwei Versicherungspflichttatbeständen. Monatsfrist. Einheit der Rechtsordnung. Sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzung der Unmittelbarkeit gilt für sämtliche Versicherungspflichttatbestände des § 26 Abs 2 SGB III und damit auch für eine privatrechtliche Tarifgestaltung in einem Krankenversicherungsvertrag, wonach die Zahlung von Krankentagegeld erst ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit einsetzt (§ 26 Abs 2 Nr 2 SGB III).
Normenkette
SGB III § 26 Abs. 2 Nr. 2, § 137 Abs. 1 Nr. 3, § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 Nrn. 1, 3, § 141 Abs. 2 Nr. 1, § 142 Abs. 1 S. 1
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.05.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld, insbesondere die Erfüllung der Anwartschaftszeit.
Der am 00.00.1969 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.08.2007 bis 10.07.2012 als kfm. Angestellter bei der D AG beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose Kündigung der Arbeitgeberin; die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hatte keinen Erfolg. Ausweislich der Arbeitgeberbescheinigung erhielt er noch Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 11.07.2012 bis 03.08.2012. Der Kläger bezog im Zeitraum vom 14.08.2012 bis 26.02.2014 Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen (E). Ferner bezog er von der Deutschen Rentenversicherung Bund im Zeitraum vom 15.08.2012 bis 05.09.2012 Übergangsgeld im Rahmen einer medizinischen Reha-Maßnahme. Bereits zum 11.07.2012 hatte sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos gemeldet; zu diesem Zeitpunkt war er arbeitsunfähig krank. Ausweislich der aktenkundigen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hielt dieser Zustand - mit Ausnahme des Tages der Entlassung aus der medizinischen Reha (05.09.2012), bei dem ihm nach dem Entlassungsbericht vom 20.09.2012 Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde - bis zur erneuten Arbeitslosmeldung mit Wirkung vom 27.02.2014 ununterbrochen an.
Am 10.02.2014 meldete sich der Kläger erneut mit Wirkung zum 27.02.2014, also dem Tag nach Ablauf seines Krankentagegeldbezuges, arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 04.03.2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, dass der Kläger die erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. In den letzten zwei Jahren vor dem 27.02.2014 sei er weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers, den er im Wesentlichen mit seiner regelmäßigen Beitragsentrichtung sowie damit begründete, dass die Beklagte ihn seit seiner ersten Arbeitslosmeldung am 11.07.2012 nie richtig beraten habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2014 als unbegründet zurück. Der Kläger habe die für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Denn er habe innerhalb der Rahmenfrist nicht mindestens zwölf Monate (360 Kalendertage) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Gemäß § 143 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) betrage die Rahmenfrist zwei Jahre und umfasse im Falle des Klägers die Zeit vom 27.02.2012 bis 26.02.2014. Innerhalb dieser Rahmenfrist sei der Kläger aber nur an 135 Tagen versicherungspflichtig beschäftigt gewesen, nämlich in der Zeit vom 27.02.2012 bis 10.07.2012. Der Bezug des Krankentagegeldes des privaten Krankenversicherungsunternehmens könne nicht als versicherungspflichtige Zeit berücksichtigt werden. Gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB III bestehe nur dann Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Krankentagegeld, wenn unmittelbar vor Beginn dieser Leistung Versicherungspflicht bestanden habe. Nach Aktenlage sei der Kläger bis 10.07.2012 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Krankentagegeld der E sei erst ab 14.08.2012 gezahlt worden. Eine Unmittelbarkeit liege nur dann vor, wenn der Krankentagegeldbezug spätestens innerhalb eines Monats nach dem Ende des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses beginne. Dieses sei vorliegend aufgrund des Zeitraums 11.07.2012 bis 13.08.2012 nicht gegeben. Auch der Bezug des Übergangsgeldes der Deutschen Rentenversicherung im Zeitraum vom 15.08.2012 bis 05.09.2012 führe zu keiner günstigeren Entscheidung, denn der Bezug dieser Leistung ab 15.08.2012 liege sogar noch nach dem Beginn des Krankentagegeldes am 14.08.2012.
Dagegen hat sich der Kläger mit der am 16.06.2014 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage gewandt. Er sei von der Beklagten anlässlich seiner Arbeitslosmeldung am 11.07.2012 mit den Worten "Sie sind krankgeschri...