Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Abrechnungsprüfung. keine Aufwandspauschale bei Erhöhung des Rechnungsbetrages zugunsten des Krankenhauses
Orientierungssatz
Das Krankenhaus kann keine Aufwandspauschale iHv 300 Euro verlangen, wenn die von der Krankenkasse veranlasste Prüfung einer Krankenhausabrechnung durch den MDK zu einer Erhöhung des Rechnungsbetrages geführt hat.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19.08.2020 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 300,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den Anspruch der klagenden Krankenhausträgerin (Klägerin) auf Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 EUR nach von der beklagten Krankenkasse (Beklagte) veranlassten Überprüfung und einer infolgedessen erhöhten Krankenhausabrechnung.
In dem nach § 108 SGB V zugelassenem Krankenhaus der Klägerin wurde die bei der Beklagten versicherte L, geb. 00.00.1931, im Zeitraum vom 07.07.2017 bis zum 14.07.2017, an dem die Versicherte verstarb, behandelt. Für diesen Behandlungsfall stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 23.05.2018 ursprünglich insgesamt 9.843,28 EUR in Rechnung. Hierbei kodierte sie bei Ansteuerung der DRG I08D u.a. den OPS 8-812.56 (Transfusion von Plasma und anderen Plasmabestandteilen und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen, Prothrombinkomplex 6500 I.E. bis unter 7500 I.E.) mit dem Zusatzentgelt (ZE) 76ZE30.05.
Die Beklagte beglich zunächst die Rechnung und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) am 25.05.2018 mit einer Prüfung des Behandlungsfalles ("Ist/Sind die Prozedur(en) korrekt; Kodierprüfung: OPS 8-812.56 korrekt kodiert? Sind die abgerechneten Zusatzentgelte korrekt? [...] Wir bitten um Überprüfung des ZE 30.05 nach medizinischer Indikation und Mengenangabe!"). Der MDK forderte bei der Klägerin u.a. den Entlassungsbericht, den OP-Bericht sowie die Patientenakte in Auszügen an. Auf dieser Grundlage kam er in seinem Gutachten vom 14.02.2019 zu dem Ergebnis, dass der OPS 8-812.56 sowie das ebenfalls zu überprüfende Zusatzentgelt 30.05 nicht hätten kodiert werden dürfen. Vielmehr hätte der OPS 8-812.57 (Transfusion von Plasma und anderen Plasmabestandteilen und gentechnisch hergestellten Plasmaproteinen: Prothrominkomplex 7500 I.E. bis unter 8500 I.E.) kodiert werden müssen. Denn es seien exakt 7500 I.E. verabreicht worden. In der Folge sei der höherwertige OPS 8-812.57 zu kodieren. Daraus resultiere auch nicht das Zusatzentgelt ZE30.05, sondern das höherwertige Zusatzentgelt ZE30.06.
Daraufhin stellte die Klägerin der Beklagten nunmehr 10.066,20 EUR in Rechnung, die von der Beklagten beglichen wurden. Ferner berechnete sie der Beklagten eine Aufwandspauschale für die "erfolglose MDK-Prüfung" in Höhe von 300,00 EUR. Diese lehnte die Zahlung ab (Schreiben vom 05.04.2019). Aus dem Gutachten des MDK gehe hervor, dass die übermittelten Daten nach § 301 SGB V nicht alle relevanten (Neben-)Diagnosen enthielten bzw. die Kodierung des Falles nicht korrekt vorgenommen worden sei. Bei korrekter Kodierung/Übermittlung der Daten wäre eine Überprüfung des Falles vermeidbar gewesen und nicht eingeleitet worden.
Am 28.02.2020 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und ihr auf die Zahlung der Aufwandspauschale gerichtetes Begehren weiterverfolgt. Diese sei im vorliegenden Fall zu leisten, weil deren gesetzliche Voraussetzungen nicht verlangten, dass es auf die Richtigkeit der Abrechnung ankomme. Entscheidend sei allein, dass die Abrechnung nicht zu einer Minderung geführt habe, was hier der Fall gewesen sei. Sowohl nach dem Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelung bezüglich der Pauschale komme es nicht darauf an, ob das Krankenhaus im Sinne eines Verursacherprinzips irgendeinen Anlass zur Prüfung gegeben habe. Hätte dies der Gesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG so gewollt, wäre dies in der gesetzlichen Neufassung der entsprechenden Norm eindeutig klargestellt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 300,00 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.05.2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine Aufwandspauschale sei nicht zu leisten, denn aufgrund der fehlerhaften Datenübermittlung bzw. Kodierung habe die Klägerin Veranlassung zur Prüfung des Behandlungsfalles gegeben. Unstreitig sei der kodierte OPS fehlerhaft gewesen. In der Folge sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Aufwandsentschädigung zu leisten. Hinzu komme, dass die Begutachtung für die Klägerin sogar vorteilhaft gewesen sei, da sie statt ursprünglich 9.843,28 EUR nun eine Rechnung in Höhe von 10.066,20 EUR habe geltend machen können, die die Beklagte auch beglichen habe.
Mit Urteil vom 19.08.2020 hat das Sozialg...