Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgeld. vorläufige Zahlung vor Eintritt des Insolvenzereignisses an den vorläufigen Insolvenzverwalter
Orientierungssatz
Die vorläufige Zahlung von Insolvenzgeld vor tatsächlichem Eintritt des Insolvenzereignisses kommt - auch im Hinblick auf die Schaffung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und der Möglichkeit, den Eintritt des Insolvenzereignisses im voraus festzulegen - nach § 328 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 3 nicht in Betracht.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die Ablehnung einer vorläufigen Zahlung von Insolvenzgeld an ihn als vorläufigen Insolvenzverwalter rechtswidrig war.
Der Kläger war durch Beschluß des Amtsgerichts Aachen vom 23.03.1999 zum vorläufigen Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Firma R T GmbH in A bestimmt worden (19 IN 137/99). Im Rahmen des Versuches, das Unternehmen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO) fortzuführen, beantragte der Kläger im Namen und mit Vollmacht von 50 Arbeitnehmern am 07.04.1999 bei der Beklagten im Wege der vorläufigen Entscheidung gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) die vorläufige Zahlung von Insolvenzgeld für rückständige Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die Monate Februar und März 1999 in einer Gesamthöhe von 257.738,73 DM. Als Insolvenzstichtag war der 01.05.1999 vorgesehen.
Mit Bescheid vom 16.04.1999 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung trug sie vor: Die vorläufige Entscheidung nach § 328 SGB III sei daran gebunden, daß der Insolvenzgeldanspruch in seiner Gesamtheit fällig sei. Die Gesamtheit der Insolvenzgeldansprüche umfasse die Zeit vom 01.02.1999 bis 30.04.1999. Da die Gesamtheit des Anspruches noch nicht fällig sei, scheide eine vorläufige Entscheidung aus. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und brachte vor, soweit zwischen Verwalter und dem Insolvenzgericht bereits der voraussichtliche Eröffnungsstichtag festgelegt worden sei und der Verwalter die bevorstehende Eröffnung glaubhaft gemacht habe, könne auch eine vorläufige Entscheidung ergehen. Die Tatsache, daß nur über die Gesamtheit des Anspruches eine vorläufige Entscheidung ergehen könne, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Eine vorläufige Bewilligung von Insolvenzgeld komme zudem dem Sanierungszweck der Tätigkeit des Insolvenzverwalters entgegen. Die gesetzlich vorgesehene Insolvenzgeldvorfinanzierung sei kein ausreichender Ersatz für die Gewährung des vorläufigen Insolvenzgeldes gemäß § 328 SGB III, da bei einer Vorfinanzierung durch Dritte eine gutachterliche Expertise über die Fortführungschancen des insolventen Unternehmens ausgearbeitet und vorgelegt werden müsse. Durch eine vorläufige Bewilligung würden die Sozialkassen nicht über Gebühr beansprucht, da ohnehin einige Wochen später reguläres Insolvenzgeld ausgezahlt werden müsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte ergänzend aus, eine antragsgemäße Entscheidung nach § 328 SGB III mache die im Gesetz vorgesehene und zugelassene Vorfinanzierung überflüssig.
Am 30.04.1999 eröffnete das Amtsgericht Aachen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma R T GmbH.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.04.1999 hat der Kläger am 14.05.1999 Klage vor dem Sozialgericht in Aachen erhoben. Im Hinblick auf die mittlerweile erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat der Kläger nicht mehr die vorläufige Zahlung von Insolvenzgeld begehrt, sondern die Feststellung, daß die Ablehnung einer vorläufigen Zahlung rechtswidrig war. Das Feststellungsinteresse sei in der Wiederholungsgefahr begründet. Im übrigen werde eine grundsätzliche Klärung der Frage angestrebt, ob die Vorgehensweise der Beklagten mit Sinn und Zweck des Insolvenzrechtes vereinbar sei.
Vor dem Sozialgericht hat der Kläger schriftsätzlich beantragt,
festzustellen, daß die Ablehnung des Antrages des Klägers als Bevollmächtigter der Arbeitnehmer der Firma F. W. Reuber GmbH auf Gewährung vorläufigen Insolvenzgeldes gemäß § 328 SGB III für die Monate Februar und März 1999 durch Bescheid vom 16.04.1999 und Widerspruchsbescheid vom 29.04.1999 rechtswidrig war.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer Rechtsauffassung festgehalten, für die beantragte vorläufige Zahlung von Insolvenzgeld sei vor Eintritt des Insolvenzereignisses nach der geltenden Gesetzeslage kein Raum.
Mit Urteil vom 16.07.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es wörtlich ausgeführt:
"I.
Die Klage ist zulässig.
Der Kläger ist prozessführungsbefugt. Allerdings klagt er fremde Ansprüche im eigenen Namen ein. Gemäß § 183 SGB III steht der Anspruch auf Insolvenzgeld Arbeitnehmern zu. Gleiches gilt für vorläufige Leistungen im Sinne des § 328 SGB III. Die Prozessführungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus seiner durch § 22 Abs. 1 S. 1 InsO eingeräumten Rechtsstellung als Partei kraft Amtes. Denn als Partei kraft Amtes ist ein Insolvenzverwalter nur in seinem Aufga...