Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnung der Höhe des Elterngeldes

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Elterngeldes ist ein Rückgriff auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum wegen der damit verbundenen Typisierung nur dann zulässig, wenn in beiden in § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG genannten Zeiträumen eine nach Art und Umfang im Wesentlichen übereinstimmende Erwerbstätigkeit ausgeübt worden ist.

2. Eine wesentliche zeitliche Veränderung des Umfangs der beruflichen Tätigkeit liegt dann vor, wenn diese wenigstens 20 % beträgt.

3. Bei einem Rechtsanwalt ist eine Übereinstimmung in der Art der Erwerbstätigkeit auch dann zu bejahen, wenn er zunächst als Anwalt ohne Fachanwaltsbezeichnung und ausschließlich als Fachanwalt für Arbeitsrecht tätig gewesen ist.

4. Bei der Elterngeldberechnung ist dasjenige Einkommen zu berücksichtigen, das der anspruchsberechtigten Person zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung gestanden hat und das nun wegen der Unterbrechung oder Einstellung der Erwerbstätigkeit nicht mehr zur Verfügung steht.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.11.2009 wird zurückgewiesen.

Kosten haben sich die Beteiligten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Elterngeld in Höhe des Höchstbetrags von 1800,- EUR an Stelle der ihr gewährten 1347,30 EUR.

Die verheiratete Klägerin ist selbständige Rechtsanwältin. Am 00.12.2007 gebar sie ihre Tochter N. Im Antrag auf Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat von N gab sie an, sie habe von Beginn des Kalenderjahres vor der Geburt ihrer Tochter bis zu deren Geburt durchgängig Einkünfte aus ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin erzielt. Sie gehe davon aus, dass für die Höhe des Elterngeldes die Höhe ihrer Einkünfte im Jahr 2007 maßgeblich sei. Nach der Geburt des Kindes im Jahr 2007 habe sie keine Einnahmen und Ausgaben mehr gehabt. Die Klägerin bezifferte ihr Nettoeinkommen für das Jahr 2007 mit 35.731,- EUR. Wie aus der auf Anforderung des Beklagten übersandten Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2006 hervorgeht, ist die Klägerin in diesem Jahr mit ihrem Ehemann gemeinsam veranlagt worden. Die gemeinsamen Einkünfte beliefen sich auf 121.821,- EUR. Die Einkünfte des Ehemanns der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit beliefen sich auf 91.889,- EUR. Die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger Tätigkeit betrugen 33.394,- EUR. Festgesetzt wurden Einkommenssteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 34.308,78 EUR.

Mit Bescheid vom 20.03.2008 gewährte der Beklagte der Klägerin auf der Grundlage ihres Einkommens aus dem Jahr 2006 Elterngeld für den ersten bis 12. Lebensmonat in Höhe von 1347,30 EUR. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den Fall, dass die Klägerin während des Elterngeldbezugs Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen würde. Der Berechnung legte der Beklagte durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte vor Geburt des Kindes N von 2010,89 EUR zu Grunde. Als Steuern auf den Gewinn der Klägerin setzte der Beklagte einen Anteil von 9263,37 EUR der im Einkommenssteuerbescheid 2006 festgesetzten Steuern von insgesamt 34.308,78 EUR an. Diesen Betrag ermittelte er, indem er die Einkünfte der Klägerin zum Gesamtbetrag der Einkünfte ins Verhältnis setzte. Die Klägerin hatte nach dieser Rechnung 27 % des Gesamtbetrages erzielt.

Mit ihrem am 02.04.2010 eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, der Berechnung ihres Elterngeldes sei das Einkommen aus 2007 zu Grunde zu legen, weil das Elterngeld den aktuellen Einkommensausfall ersetzen solle. Selbst auf der Grundlage des Einkommens aus 2006 ergebe sich bei richtiger Berechnung ein Elterngeld in Höhe von 1584,49 EUR. Sie sei so zu behandeln, als wäre sie ledig oder getrennt veranlagt worden. In diesem Fall hätte sie nur 5.015,- EUR Steuern zu zahlen gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2008 wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch unter Hinweis auf § 2 Abs. 9 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) zurück.

Mit ihrer am 18.08.2008 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung höheren Elterngeldes weiter verfolgt. Nach § 2 Abs. 9 BEEG dürfe auf den Steuerbescheid des letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraums nur zugegriffen werden, wenn das Einkommen im Veranlagungszeitraum für das Einkommen in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt repräsentativ gewesen sei. Das sei bei ihr nicht der Fall gewesen, weil sie durch einen erheblichen Wasserschaden in den Kanzleiräumen im Vergleich zu den Vorjahren im Jahr 2006 erheblich weniger Umsatz erzielt habe, Durch den Erwerb des Fachanwaltstitels seien zudem die Umsätze im Jahr 2007 erheblich gestiegen. Auch dürfe ihr die Zusammenveranlagung mit ihrem Ehemann nicht zum Nachteil gereichen. Über ihren Antrag sei auf der Grundlage des nunmehr vorliegenden Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2007 erneut zu entscheiden.

Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2008 unter teilweiser ...

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