Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Steuerklasse. mehrmaliger Steuerklassenwechsel im Bemessungszeitraum. Maßgeblichkeit der am längsten gültigen Steuerklasse. Umzug des Elterngeldbeziehers in eine andere Kommune. Zuständigkeitswechsel der Elterngeldbehörde. Beteiligtenwechsel im sozialgerichtlichen Verfahren
Orientierungssatz
1. § 2c Abs 3 S 2 BEEG ist auch im Fall mehrfacher Steuerklassenänderungen anwendbar.
2. Hierbei ist die Steuerklasse maßgeblich, die im Vergleich zu den anderen die meisten Monate gegolten hat. Es ist nicht erforderlich, dass sie allein über die Hälfte des gesamten Bemessungszeitraums gültig war.
3. Erfolgt durch Umzug des Elterngeldbeziehers in eine andere Kommune ein Zuständigkeitswechsel nach § 12 Abs 1 S 1 BEEG iVm § 1 Abs 1 S 1 der nordrhein-westfälischen Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz und nach dem Bundeskindergeldgesetz (juris: BEEGZustV NW), führt dies im sozialgerichtlichen Verfahren zu einem Beteiligtenwechsel.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24.10.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Die 1983 geborene Klägerin ist die Mutter des 2016 geborenen Kindes L I. Sie bezog zuvor Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit. Bis Mai 2015 hatte sie die Steuerklasse 1, bis Juli 2015 die Steuerklasse 4 und im Folgenden die Steuerklasse 3. Vom 27.10.2015 bis zum 07.04.2016 bezog sie Mutterschaftsgeld seitens der gesetzlichen Krankenversicherung, im Dezember 2015 und im Januar 2016 Mutterschaftsgeldzuschuss seitens des Arbeitgebers.
Am 15.03.2016 beantragte die Klägerin, die damals in N wohnte, bei der Stadt N Basiselterngeld für den ersten und zweiten Lebensmonat sowie sogenanntes Elterngeld Plus (hälftige Leistungshöhe bei doppeltem Auszahlungszeitraum) für den vierten bis zum 23. Lebensmonat des Kindes. Die Stadt N gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 22.03.2016 Elterngeld für den ersten Lebensmonat in Höhe von 0 EUR, für den zweiten Lebensmonat in Höhe von 105,36 EUR und für den vierten bis zum 23. Lebensmonat in Höhe von 600,70 EUR. Dabei legte sie als Bemessungszeitraum die Monate Dezember 2014 bis November 2015, ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen von 3.077,70 EUR und unter Ansatz der Steuerklasse 1 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.848,30 EUR zugrunde.
Die Klägerin legte am 03.04.2016 Widerspruch ein. Abweichend vom ursprünglichen Antrag werde für den zehnten Lebensmonat kein Elterngeld Plus begehrt, wohl aber für den 24. Lebensmonat. Außerdem sei die Steuerklasse 3 zugrunde zu legen. Grundsätzlich sei gemäß § 2c Abs. 3 Satz 1 BEEG die Steuerklasse des letzten Monats des Bemessungszeitraumes zugrunde zu legen. Die Ausnahmevorschrift des § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG greife hier nicht. Diese setze voraus, dass im Fall eines Steuerklassenwechsels während des Bemessungszeitraumes eine andere Steuerklasse in der überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraumes gegolten habe. Überwiegend bedeute mehr als sechs. Nicht gemeint sei die Steuerklasse, die am längsten gegolten habe. In ihrem Fall habe die Steuerklasse 1 lediglich sechs Monate gegolten.
Die Stadt N half dem Widerspruch mit Bescheid vom 05.04.2016 teilweise ab und gewährte der Klägerin Elterngeld nicht mehr für den zehnten Lebensmonat ihres Kindes, dafür aber für den 24. Lebensmonat. Die Bezirksregierung Münster wies den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2014 zurück. Maßgeblich sei die Steuerklasse 1.
Die Klägerin hat am 20.06.2016 beim Sozialgericht Düsseldorf Klage gegen die Stadt N erhoben. Auch im Fall mehrerer Steuerklassenwechsel während des Bemessungszeitraumes greife die Ausnahmevorschrift des § 2c Abs. 3 Satz 2 BEEG nur dann, wenn die abweichende Steuerklasse mindestens sieben Monate gelte.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klage mit Urteil vom 24.10.2016 abgewiesen. Maßgeblich sei die Steuerklasse 1, nicht dagegen die Steuerklasse 3. Im Bemessungszeitraum hätten für einen Zeitraum von acht Monaten andere Steuerklassen als die Steuerklasse 3 gegolten. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei es, die Einkommenssituation des Elterngeldberechtigten im Bemessungszeitraum möglichst genau abzubilden. Das Ergebnis entspreche den Richtlinien zum BEEG.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 31.10.2016 zugestellte Urteil am 14.11.2016 Berufung eingelegt. Die Richtlinien zum BEEG seien nicht maßgeblich. Die vom Sozialgericht vorgenommene Auslegung sei mit dem Wortlaut der Norm nicht in Einklang zu bringen. Die überwiegende Zahl der Monate beziehe sich ausdrücklich auf den Bemessungszeitraum insgesamt. Die vom Sozialg...