Entscheidungsstichwort (Thema)

Verweisbarkeit eines Krankenpflegehelfers bzw. Krankenpflegeassistenten

 

Orientierungssatz

1. Ist der Versicherte noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein und bedarf er keiner betriebsunüblichen Pausen, so besteht kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

2. Die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist entbehrlich, wenn der Versicherte, zwar mit qualitativen Einschränkungen, noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten verrichten kann. Eine konkrete Verweisungstätigkeit muss erst dann benannt werden, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt, vgl. BSG, Urteil vom 09. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R.

3. Ob der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen tatsächlich einen Arbeitsplatz finden kann, ist nach § 43 Abs. 3 SGB 6 nicht zu prüfen.

4. Ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 240 SGB 6 setzt u. a. einen bestehenden Berufsschutz des Versicherten voraus, ferner, dass dieser seine berufliche Tätigkeit aufgrund von gesundheitlichen Beschwerden aufgeben musste. Die Tätigkeit eines Krankenpflegehelfers bzw. eines Gesundheits- und Krankenpflegeassistenten setzt regelmäßig eine Ausbildung von 12 Monaten voraus. Mangels eines qualifizierten Berufsschutzes ist ein Angehöriger dieser Berufsgruppen auf den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 8.4.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der im August 1957 geborene Kläger durchlief zunächst keine Berufsausbildung. Er war ab 1972 - immer wieder unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - als Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig. Nach seinen Angaben absolvierte er in den 1990er Jahren eine Ausbildung zum Krankenpflegerhelfer und arbeitete nachfolgend als solcher. Die Tätigkeit habe er jedoch wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben müssen.

Das vorliegende Verfahren geht zurück auf einen Rentenantrag vom 10.11.2009, den der Kläger insbesondere wegen orthopädischer Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und in den Armen ausbrachte. Den Antrag lehnte die Beklagte nach Begutachtung durch den Allgemein- und Sozialmediziner Dr. C vom 1.12.2009 durch Bescheid vom 7.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.3.2010 ab.

Hiergegen hat sich die am 16.3.2010 erhobene Klage gerichtet, in der der Kläger insbesondere darauf hingewiesen hat, dass er neben den festgestellten orthopädischen Beschwerden auch unter Bluthochdruck, einer Schlafstörung sowie Depressionen leide. Er sei deshalb nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Erstmals mit Schriftsatz vom 25.1.2011 hat er auf das Vorliegen einer Alkoholerkrankung verwiesen, die ihn erheblich in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit beeinträchtige.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 7.12.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.3.2010 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles am 10.11.2009 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ihre angefochtenen Bescheide verteidigt und sich durch die gerichtliche Beweisaufnahme bestätigt gesehen.

Das Sozialgericht (SG) hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines von Dr. K erstellten orthopädischen Gutachtens vom 29.7.2010, der den Kläger noch für in der Lage gehalten hat, mindestens sechs Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei gewissen qualitativen Einschränkungen unter betriebsüblichen Bedingungen verrichten. Auf Antrag des Klägers ist ferner Beweis erhoben worden durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Nervenheilkunde und Innere Medizin Dr. N, der die Leistungsbeurteilung durch Dr. K bestätigt hat. Wegen der Einzelheiten wird auf die eingeholten Gutachten Bezug genommen.

Maßgeblich gestützt auf die Gutachten von Dr. K und Dr. N hat das SG die Klage mit Urteil vom 8.4.2011 abgewiesen. Der Kläger könne noch ohne Gefährdung seiner Gesundheit körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, nicht in gebückter Haltung und ohne andauernde oder längere einseitige körperliche Belastung, nur noch in geschlossenen und temperierten Räumen, ausschließlich in Tagesschicht, aber an 5 Tagen in der Woche mindestens 6 Stunden täglich verrichten. Er sei daher nicht voll oder teilweise erwerbsgemindert. Auch der vom Kläger angegebene Rückfall hinsichtlich einer bestehenden Alkoholproblematik rechtfertige nicht die Gewährung einer Rente, da es keine Anhaltspunkte für eine länger andauernde ...

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